TRANSPAPA
[ 31.05.2012 ] Wir befinden uns im Jahr 2012. Die ganze Provinz ist von den Multiplexen besetzt. Die ganze? Nein, ein kleines Programmkino in der Lausitz leistet Widerstand. Das Kunstbauerkino Großhennersdorf stemmt nicht nur ein ausgewähltes Jahresprogramm, sondern auch noch ein europäisches Filmfestival von bemerkenswertem Umfang, rein ehrenamtlich. Und da wir uns im Dreiländereck befinden, herrscht der nachbarschaftliche Gedanke: Es werden Entdeckungen aus Tschechien, Polen und Deutschland gezeigt.Hauptkino ist das charmant-marode Kronenkino in Zittau, dessen Flügeltür immer krachend ins Schloß fällt. Als Gegenstück dazu: der riesige Saal im tschechischen Varnsdorf, gleich hinter der Grenze, von einem Kinoliebhaber privat mit feinster Technik ausgestattet. Bei so viel Engagement ist zu bedauern, daß neben Gästen, Übersetzern und Jury die 500 Plätze mäßig gefüllt sind. Wenn ein Festival aber im besten Sinne familiär ist, dann dieses. Mittags kann man sogar im Hof des Kunstbauerkinos mit Organisatoren und Regisseuren zusammen das Koppeln der Filmrollen unter freiem Himmel beobachten.
Das Programm verdient allemal mehr Aufmerksamkeit. Sprechen wir nur vom Wettbewerb (und das ist ein Bruchteil): zehn Debüt- und Zweitspielfilme aus den genannten Ländern sowie ausnahmsweise auch aus Albanien, nämlich FORGIVENESS OF BLOOD, ein präzises und atmosphärisch dichtes Familien- und Blutrachedrama. Speziell bei den deutschen Filmen muß man dem Festival Mut zum No-Budget und Trash zugestehen. Da ragt der tragikomische TRANSPAPA, in dem Devid Striesow mit seiner pubertären Filmtochter nicht nur Joints, sondern auch Hormontabletten teilt, deutlich heraus.
Bild- und emotionsgewaltiges Kino kam aus Polen. ZERO etwa schafft das Kunststück, im Sinne von SHORT CUTS gleich ein gutes Dutzend Parallelhandlungen quer durch sämtliche Warschauer Milieus zu verknüpfen. Besonders stark waren aber die tschechischen Beiträge. So erzählt DOM – HOUSE, ein wunderbar einfühlsames Familiendrama aus der Provinz, über Bleiben oder Weggehen (ein durch und durch tschechisches Filmthema).
Und eine kleine Perle mit ganz eigener Handschrift, wie man sie gerne auf einem Festival entdeckt, ist A NIGHT TOO YOUNG von Olmo Omerzu. Durch die Brille zweier Jungs blicken wir auf das sexuelle Eigenleben einer Gruppe Erwachsener in einer Neujahrsnacht. Nichts ist voraussehbar, alles auf den Punkt und eher mit Understatement inszeniert. Hierfür gab es den Hauptpreis.
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...