Editorial 06-07/2024

[ 30.05.2024 ] Isabelle Huppert wurde zur Jury-Präsidentin für das kommende Filmfestival in Venedig ernannt und sagte Folgendes dazu: „Mehr denn je ist das Kino ein Versprechen. Das Versprechen auszubrechen, zu stören, zu überraschen, einen guten Blick auf die Welt zu werfen, vereint in den Unterschieden unserer Geschmäcker und Ideen." Eine Wohltat diese Worte, gerade in Zeiten, in denen sich Kino und Festivals zu oft politisch einnehmen lassen, Letztere zu Stätten des mißverständlichen Applauses werden, und Filme generell sich häufig einem Konformismus verschreiben, der ihnen nicht steht. Überall wird dieser Tag von Diversität gestottert, das Kino aber in seiner ursprünglichen Form, in seiner Genrevielfalt, Kraft, Wut und Schönheit war schon immer bunt, vielfältig, divers, so ganz ohne zeitgeistigen Button am Revers. In seiner wahren Kunst, einfach so aus sich heraus. Und das Kino war, wie La Huppert betont, immer vereinend wegen seiner und eben unserer Unterschiedlichkeit.

Gerade in Deutschland, gerade in diesen Zeiten wird das Kino durch einen hochpolitisierten Kulturbetrieb geschwächt, zu vieles wirkt gleichgemacht, zahnlos und auf Linie. Man kann gar nicht froh genug sein, daß es noch Kinoverrückte wie beispielsweise Oskar Roehler in diesem Land gibt. Es sind jedoch Solitäre, die aneckendes Kino jenseits des Gängigen wagen. Und zu den Festivals sei bemerkt, vor allem zur durch und durch politisierten Berlinale: Preise sollten noch immer an den besten Film und die versiertesten Macher gehen, Preisentscheidungen sollten völlig unabhängig von Gesinnung, Ethnie und Geschlecht sein, sonst wird das Kino korrumpierbar. Vom weitgehend unpolitischen Festival in Cannes lernen heißt das Kino wieder lieben lernen!

Und das, was wir am internationalen Kino ja so schätzen, aktuell zum Beispiel mit LOVE LIES BLEEDING, unserem Film des Monats, nämlich das unbekümmerte Jonglieren mit Genres, das will uns in Deutschland zu selten glücken, was auch, wie Simone Baumann von German Films, der Auslandsvertretung des deutschen Films, kürzlich sehr richtig formulierte, an der Scheu deutscher Filmförderung liegt. Unübersehbar hegt man Zweifel, wenn es um Genrestoffe geht, die hiesigen Geldgeber zögern, die Bedenkenträger in den Redaktionsstuben des mitredenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks hadern. Mehr Mut sei empfohlen, auf daß Isabelle Huppert letztlich recht behalten soll, und wir das Schöne an den Unterschieden wiederentdecken, den Ausbruch wagen und das zu Glattgebügelte in Frage stellen.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.