Originaltitel: A COMPLETE UNKNOWN
USA 2024, 142 min
FSK 6
Verleih: Disney
Genre: Biographie, Musik
Darsteller: Timothée Chalamet, Edward Norton, Elle Fanning, Monica Barbaro
Regie: James Mangold
Kinostart: 27.02.25
Kann man diesen Film einfach nur als Film betrachten? Quasi in aller Unschuld. Meint: frei von allem Wissen und allen Meinungen, die seit Dekaden über den Gegenstand dieses Films, seine Hauptfigur, angehäuft wurden? Oder anders gefragt: Kann man über einen Film schreiben, in dem es um Bob Dylan geht, ohne dabei schon wieder zu viel über Bob Dylan zu schreiben, über den ja nun echt schon genug geschrieben wurde?
Ganz abgesehen von den schon lange vorm Kinostart von James Mangolds LIKE A COMPLETE UNKNOWN ausgiebig geführten Diskussionen darüber, inwiefern denn Dylan-Darsteller Timothée Chalamet überhaupt in der Lage sei, Dylan darzustellen. Also wie dieser zu singen oder nasal zu nuscheln oder sich auf diese bestimmte Dylan-Art zu bewegen und Zigaretten anzuzünden und Hände zu waschen und Schreibmaschine zu schreiben und so weiter. Gott, wie so was nervt! Dabei sollte es doch reichen, was Dylan höchstselbst schon vor Beginn der Dreharbeiten zu LIKE A COMPLETE UNKNOWN wissen ließ: „Timmy ist ein brillanter Schauspieler, also bin ich sicher, daß er mich absolut glaubhaft darstellen wird. Oder ein jüngeres Ich. Oder ein anderes Ich.“ Punkt!
19 Jahre jung ist dieses Ich, als es in New York auftaucht, um hier unter dem Künstlernamen Bob Dylan als Folkmusiker zu reüssieren. Es sind die frühen 60er, Veränderung und Rebellion liegen in der Luft. Und wie auch immer solche Wunder geschehen: Just dieser Dylan, dieses aus der weltvergessenen Ödnis Minnesotas stammende Jüngelchen, sollte dieser Zeit und ihrem Spirit so schnell, tiefgreifend und poetisch treffend Wort und Stimme verleihen, daß sich dem selbst gestandene Folkbarden wie Woody Guthrie und Pete Seeger oder kühle Sangesschönheiten wie Joan Baez nicht zu entziehen vermochten.
LIKE A COMPLETE UNKNOWN ist ein Film, der vom Zauber erzählt, der allem Anfang innewohnt. Ein Film, der auf einem Sachbuch basiert („Dylan Goes Electric“ von Elijah Wald), aber seine Geschichte gleichwohl als eine Legende, als Gesang zwischen Dichtung und Wahrheit, Erfindungen und Fakten heraufbeschwört. Und der dabei so ruhig wie unbeirrt seinem dramatischen Höhepunkt zustrebt. Einem künstlerischen Befreiungsschlag nämlich. Oder etwas pathetischer formuliert: einem symbolischen „Vatermord.“ Vollführt mit jener E-Gitarre, die Dylan 1965 auf dem New Port Folk Festival an den Verstärker anschloß und somit allen Dogmatikern der Folksong-Reinheitsgebote einen so heftigen Rock´n´Roll-Elektroschock verabreichte, daß diese ihn nur schwer überstanden und niemals wirklich verzeihen konnten.
Sicher: Das alles ist altbekannte Pophistorie. Doch vollbringt LIKE A COMPLETE UNKNOWN das nicht unerhebliche Wunder, daß dieses Altbekannte so frisch, stringent und kraftvoll daherkommt, als hätte man es tatsächlich noch nie zu hören bekommen. Und das schließt dezidiert die Darbietung der ebenfalls ja altbekannten Songs mit ein! Der emotionale Effekt, den das mit sich bringt (und nur ums gesagt zu haben: nicht nur für Dylan-Fans!), verdankt sich dabei vor allem dem Umstand, daß der Film sich mit Wertungen zurückhält. Dylans rigorose Emanzipationsbewegung zeigt sich als legitimer Akt künstlerischer Selbstbestimmung. Doch werden damit die Verletzungen, Enttäuschungen, das Gefühl von Verrat, die das bei all jenen auslöste, die Dylan ewig auf ihrer auch politisch-moralischen Seite zu haben hofften, keinesfalls diskreditiert.
Ironisiert allerdings schon. Denn was dieser Film in all seinem stargespickten Unterhaltungswert, in seinem ikonographischen 60er-Jahre-Zeitkolorit, in seiner klassischen Erzähleleganz samt exquisit aufbereiteten Schau- und Hörwerten vor allem zeigt, ist, welche elektrisierende Provokation ein wirklich freier, widerspenstiger Geist sein kann. Laß Dich niemals vereinnahmen, von keinem! Das ist die Message, die dieses Dylan-Film-Ich für uns bereithält – und die heute möglicherweise noch subversiver ist, als sie es damals schon war.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.
Cineplex: 13:00, 16:15, 20:00
Cinestar: 16:40, 19:45
Passage Kinos: 14:30, 20:30 (OmU)
Regina Palast: 11:30 (OmU), 16:45, 19:45
Schauburg: 13:30, 16:30, 19:45 (OmU)
Cineplex: 17:15, 20:15
Cinestar: 16:40, 19:30
Passage Kinos: 14:30, 17:30, 20:30 (OmU)
Regina Palast: 16:45, 19:45
Schauburg: OmU 19:45
Cineplex: 17:15, 20:15
Cinestar: 16:40, 20:00
Passage Kinos: 14:15, 17:15
Regina Palast: 16:45, 19:45, 21:00 (OmU)
Schauburg: 16:45 (OmU), 19:45
Cineplex: 17:00, 20:15
Cinestar: 16:40, 20:00
Passage Kinos: 14:30, 17:30, 20:30 (OmU)
Regina Palast: 16:45, 19:45
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