Originaltitel: I LIKE MOVIES

USA 2022, 104 min
FSK 12
Verleih: Camino

Genre: Tragikomödie

Darsteller: saiah Lehtinen, Romina D’Ugo, Krista Bridges, Percy Hines White

Regie: Chandler Levack

Kinostart: 27.03.25

3 Bewertungen

  • Film des Monats
  • Kinotipp der Woche

I Like Movies

Filme sind wie Sauerstoff

Intern dürfte das höchste Maß Konsens schon mit dem nüchternen Titel erreicht sein. Eine Filmzeitschrift am Markt zu halten, dafür regelmäßig zu schreiben, sie in einem mit Verve betriebenen Kino auszulegen und – vor allem – dieses Blatt dann auch zu lesen, sollte einfach nur mit einem einzigen Grund zu tun haben: I Like Movies! Könnte indes sein, daß all der persönliche Enthusiasmus in diesen Tagen nur noch von einem einzigen anderen Menschen überboten wird: Lawrence Kweller, 17. Er lebt im kanadischen Burlington nahe Toronto, ist von kleiner Statur, rundlich und geht bestenfalls mit dem dritten Hieb, also keinesfalls auf Anhieb, als sympathischer junger Mann durch. An Joschka Fischer gemahnend sei sogar verkündet: „Lawrence, Du bist ein Arschloch, mit Verlaub!“

Gespielt wird er von Isaiah Lehtinen, einer Art Danny-de-Vito-Wiedergänger, und das eröffnet seinem Charakter enormes Entwicklungspotential, das Lehtinen, so viel sei so früh schon verraten, gern in Anspruch nimmt. Bis dahin aber lebt sein Lawrence nur in einer eigenen Welt, die eine Filmwelt ist. Lawrence kennt sich aus mit Regisseuren, Werken und Stilen. „Filme sind wie Sauerstoff“, sagt er. Voller Sehnsucht wartet Lawrence – I LIKE MOVIES spielt im Jahr 2003 – auf die neuen Streifen von Paul Thomas Anderson oder Todd Solondz, und höchstens „Saturday Night Live“ darf als Fernsehsendung das Leinwandvergnügen alternieren.

Da komplett allein zu sein selbst für Lawrence dann doch zu dürftig ist, läßt er seinen besten Kumpel Matt in diese seine Welt hinein. Mit ihm dreht er ambitioniert-abgefahrene Homevideos, die sie dann „Die Nacht der Ausgestoßenen“ nennen. Für schulische Essays zum Thema „Die Voreingenommenheit der Medien“ eignen sie sich nur bedingt. Trotzdem sind Lawrence und Matt als Kreativgespann für den diesjährigen Abschlußfilm der Aldershot High School erste Wahl. Dieses Short Movie übrigens wird es geben, Lawrence aber ist nur noch Zuschauer. Weil er es sich mit Matt verscherzt, zu überheblich nur im eigenen Tümpel watet und seinen fast zwanghaft angelegten Plan verfolgt, im Herbst an der New Yorker Uni Film zu studieren, und zwar nur dort. Denn, O-Ton Lawrence: „Ich will kein kanadischer Filmemacher sein!“

Es ist entzückend, wie Regisseurin Chandler Levack mit solchen kleinen Seitenhieben spielt, ohne dabei Referenzen zu verbergen. Am Ende erinnert ihre Komödie natürlich voll der Liebe an Kevin Smith, Richard Linklater und Cameron Crowe und ist dennoch eben kanadisch, also gerade auch für hiesige Breiten noch einen Tick reizvoller, allein, weil seltener zu erleben.

Lawrence braucht 90 000 Dollar für potentielle Studiengebühren. So naiv wie energisch stellt er sich der aussichtslosen Herausforderung. Mutter Terri, eine nette Seele, kann als Sekretärin nicht viel beisteuern, außer überraschende Ideen. Der Vater ist seit vier Jahren tot. Wie die tragische Marmorierung das Komödiantische von I LIKE MOVIES mehr und mehr durchziehen wird, ist wunderbar anzusehen und nachzufühlen. Kontur bekommt diese Note dann im „Sequels“, einer Videothek, die für Lawrence als Stammkunde eh schon zweites Zuhause war, nun aber zum Epizentrum wird für seine Chancen und Konflikte, Reife und Rückschläge. Dort findet er eine Anstellung, dort bringt er sich ein und trifft mit Chefin Alana eine Frau Anfang 30, die ihre eigenen Erfahrungen mit Film als Traum und Alptraum besitzt. Was sie irgendwann nicht ohne Bitterkeit verkünden wird, stößt ihren jungen Mitarbeiter nicht ab. Ihr „I Hate Movies“ läßt ihn andocken und eine nicht unkomplizierte, aber völlig neue Erfahrung machen.

I LIKE MOVIES offenbart viele versteckte Töne, piano pianissimo statt agitato, viel Herz und Hingabe. Und obwohl sich Lawrence beileibe nicht an den Hals des Zuschauers wirft, bekommt man ihn am Ende nur schwer wieder los, was auch am innig-traurigen Moment liegt, als er, noch ohne Hoffnung, bekennt: „Es ist deprimierend zu sehen, daß ich bis ans Lebensende einfach ich sein werde.“ Lawrence, es wird besser!

[ Andreas Körner ]

I Like Movies ab heute im Kino in Leipzig