Originaltitel: BATIMENT 5
F 2023, 105 min
FSK 12
Verleih: Film Kino Text
Genre: Drama
Darsteller: Anta Diaw, Alexis Manenti, Aristote Luyindula, Steve Tientcheu, Aurélia Petit
Regie: Ladj Ly
Kinostart: 06.03.25
Ohne Wut wird es erneut nicht gehen. Ladj Ly hatte 2019 mit seinem fiebrigen Debüt DIE WÜTENDEN einen gehaltvollen Beitrag zum soziorealistischen französischen Film mit Drehort Banlieue abgeliefert. Das Werk überstand noch jede Dichtheitsprüfung, weil Ly selbst aus den Banlieues stammt und weiterhin dort lebt. Er ist kein Regietourist. Für DIE UNERWÜNSCHTEN bleibt er künstlerisch im gern Brennpunkt genannten Gebiet, baut eine nächste Geschichte um Entfremdung, Integration und Ohnmacht, blickt klaren Auges und ohne Zweifel daran, wo und für wen sein Herz schlägt, auf Geflechte des Miteinanders und das Individuum.
Fast in Echtzeit wird der Sarg mit Habys Oma durch den engen Hausflur nach unten gewuchtet. Im Fahrstuhl wäre es noch enger geworden, doch der ist eh seit Jahren defekt. „Wie können wir an einem solchen Ort leben und sterben?“, fragt Habys Mutter mehr zu sich selbst, als von anderen eine Antwort zu erwarten. Haby, die sich in dritter Generation malischer Einwanderer „eine Französin unserer Zeit“ nennt, ist längst aktiv und offensiv geworden. Sie engagiert sich im Viertel für Wohnungsfragen und nutzt den Job im Rathaus-Archiv auch für Einmischung. Ihr Motto: „Meine Mutter hat mich sprechen gelehrt, warum soll ich schweigen?“ Für ihren Freund Blaz hat sie gleichsam einen Rat parat: „Du kannst nicht immer nur wütend sein!“ Und doch ist am Ende er es, dem es nicht gelingt, seine Wut in bessere Alternativen zu transformieren.
Wieder konfrontiert Ly den Alltag migrantischer Banlieue-Bewohner mit dem französischen Staat, hier über einen Interims-Bürgermeister, der sich gern als „politisch extrem motiviert“ bezeichnet. Ly läßt die Ereignisse genau über diesen Pierre kulminieren, wozu sich eine verordnete nächtliche Ausgangssperre für Jugendliche und der Leerzug und Abriß von Wohnblöcken bestens eignen. Zum Neubau wird es mit ihm gar nicht erst kommen.
Wieder ist die Handlung direkt gefilmt, baut sich als Thrillervariation engmaschig auf, wirkt diesmal jedoch seltsam gehetzt und eher situativ, anstatt sich eingehender mit zwei oder drei der höchst interessanten Figuren zu beschäftigen. Klischees bleiben so nicht aus, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, daß im Vorjahr mit GAGARIN ein kernig überraschender und eben völlig klischeeloser Banlieue-Film im Kino war.
[ Andreas Körner ]