D 2018, 87 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm
Genre: Dokumentation
Regie: David Dietl
Kinostart: 11.04.19
Die Fallhöhe für einen dokumentarischen Berlin-Film? Er muß auch außerhalb von Berlin funktionieren. Am besten sollte es klappen, wenn er Typen zeigt, die Typen sind. Wenn man als Betrachter in eine Szene abtaucht, die nicht unbedingt die eigene ist, weil man wirklich sehen will, was zu sehen ist. BERLIN BOUNCER von David Dietl zeigt drei Typen und mehr als eine Szene. Die Voraussetzungen könnten also schlechter sein.
Allein bei der Nennung der Namen Sven Marquardt, Frank Künster und Smiley Baldwin könnte man zumindest den ersten schon mal gehört haben. Oder gesehen – in der Urheberzeile von großartigen schwarzweißen Porträt-Fotografien, denn Marquardt ist ein exzellenter Bildkünstler. Was die drei aber im Kern vereint, ist ihr Faible für die Nacht, für die Stunden, wenn es draußen dunkel ist und drinnen laut. Die Männer sind jene, die an Klubtüren stehen. Oder, wie Künster sagt „Betreuer des Exzesses.“
Als Student hätte Dietl Anfang der 90er in Berlin Angst gehabt, sagt er, von Türstehern brutal abgelehnt zu werden. Doch zumindest zwei davon seien anders gewesen: spaßig und respektvoll. Das waren Künster und Baldwin, im schnell zur Legende hochstilisierten Berghain kam dann noch Marquardt hinzu. Und die Idee für den heutigen (Spielfilm-)Regisseur Dietl, aus ihren Geschichten einen Film zu machen. Über Berlin, wo es mal Ost und West war und sich heute ziemlich wiedervereint gibt, über Ethik und Exzentrik, Moral und Geld, Hobby und Profession und vielleicht die Mitte des eigenen Lebens.
Das Nicht-Hören der Fragen in porträtierenden Dok-Filmen ist Usus geworden. Dietl folgt dem nicht durchgängig, da er mit der Sie-Ansprache das Kumpelhafte vermeidet und trotzdem Intimes abfragen kann. Diese Seriosität und Zurückhaltung tun gut und funktionieren auch zu weiten Teilen. BERLIN BOUNCER will das Kino mit all seinen Sinneskitzeleien, will den guten Ton mit so dezent wie markant eingesetzter Musik, will das feine Bild und mehr als die drei Protagonisten und deren wirklich witzigen, pointierten und berlinhistorisch relevanten Stories.
Das alles wird kein Solo für Marquardt. Künster ist es, der mehr und mehr Kontur bekommt, während Baldwin, der Ex-GI, im Trio eher zu kämpfen hat. Hier verpufft so manches, die aufwendige Reise zu den heimischen Jungferninseln beispielsweise. Weil in Berlin einfach mehr los ist.
[ Andreas Körner ]