Originaltitel: BROKEN FLOWERS
USA 2005, 107 min
Verleih: Tobis
Genre: Komödie
Darsteller: Bill Murray, Sharon Stone, Jessica Lange, Tilda Swinton
Regie: Jim Jarmusch
Kinostart: 08.09.05
Ein neuer Film von Jim Jarmusch ist im Vorfeld des Starts wie ein Versprechen. Oder eine Verabredung. Beides bedeutet nicht, daß man weiß, welche Geschichte der US-Independent als nächstes erzählen wird. Oder wie er sie erzählen wird. Ebenso wenig kann man - bei Jarmusch verbietet sich eine solche überdies von selbst - mutmaßen über eine Genrezugehörigkeit. Das Versprechen liegt vielmehr in der Verläßlichkeit darauf, daß er das gesamte Projekt selbst verantwortet und seine eigenen Geschichten erzählt. Die Verabredung gleicht der mit einem alten Freund, den man eine Ewigkeit nicht gesehen hat. Man begibt sich mit Erwartungen zu einem Treffen und diese werden gleichermaßen enttäuscht und bestätigt. Wer hätte jemals geglaubt, daß die Farbe Rosa in einem Film von Jarmusch vorkommen würde? Und wer hätte nach COFFEE AND CIGARETTES gedacht, daß BROKEN FLOWERS gänzlich ohne Tabak auskommt?
Überraschend ist auch, daß Jarmusch Klischees bedient, und es wäre zu einfach, würde man sagen, er wolle diese nur unterwandern. In der Geschichte um einen antriebslosen ehemaligen Don Juan, der, aufgrund eines anonymen Briefes, die Reise in seine Vergangenheit antritt, sind Klischees ein wichtiger Teil der Figurenzeichnung. Die Hauptfigur, deren Existenz anfänglich von einer großen Leere bestimmt ist, sieht sich plötzlich mit verschiedenen Varianten konfrontiert, wie ihr Leben hätte aussehen können. Vier längst verlassene Frauen in vier verschiedenen Vorstädten Amerikas stehen für unterschiedlichste Lebensentwürfe. Don Johnston heißt der verblühte Herzensbrecher, der sich, von seinem fröhlichen Nachbarn gezwungen, auf einen lakonischen Roadtrip begibt und etliche Meilen zurücklegt, fast ohne sich selbst wirklich zu bewegen. Am Ende des Films steht für ihn die Erkenntnis, daß er aus sich herauskommen muß, um zu sich selbst zu gelangen und am Leben Anteil zu haben.
Jarmusch arbeitet auch diesmal mit großartigen Darstellern: Bill Murray, Meister des verhaltenen Minenspiels und kleiner Gesten, trifft hier auf Sharon Stone, Francis Conroy, Tilda Swinton und Jessica Lange. Letztere ist auch in Wenders DONT COME KNOCKING zu sehen. Daß beide Filme auch Handlungsparallelen aufweisen, deutet auf Gemeinsamkeiten im internationalen Autorenkino hin. Und zu Jarmuschs Spiel mit dem Zufall und der Frage danach, was Schicksal ist, paßt dies allemal. Wie gewohnt läßt der Fährtenleger die Antwort offen. Und im Untertitel zum Film heißt es ja auch: "Das Leben steckt voller seltsamer Überraschungen."
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.