Die ewige Suche nach Neuem, die unstillbare Lust auf Abenteuer, der primitive Drang zur Abwechslung. Davon wußten im französischen Kino große Namen wie Sautet, Malle und jüngst Breillat große Geschichten zu erzählen. Die Regie-Debütantin Virginie Wagon versucht sich mit ihrem prickelnden Werk auch darin und besteht zum Teil.
Ihre Heldin Marie ist eine attraktive Frau. Mitte dreißig, an der Schwelle zur zweiten Lebenshälfte. Eine neue Zeit, mit oder ohne Kinder. Marie will darüber aber noch nicht nachdenken. Im Außendienst verkauft sie per Türklingelei überteuerte Lexika und gerät so an den schwarzen Amerikaner Bill. Er hört ihr zu, kauft ihre Bücher und geht Marie nicht mehr aus dem Kopf. Ein Glas Bourbon, noch eins, schwüle Musik, das Moschusfieber entfacht. Bill und Marie, beide liiert, begehren, stürzen aufeinander, erleben grenzenlose Leidenschaft ohne eheliche Eiswürfel. Marie ist dabei, sich in dieser Sehnsucht zu verlieren. Ihr Blick ist getrübt, ihre Sinne in Aufruhr. Braucht sie nur den exzessiven Sex, oder eben auch die wärmende Hand?
Wagon skizziert Marie als suchende und auch egoistische Frau. Sie beschreibt den Alleingang als Versuch ohne Rücksicht auf Verluste. Alle, die lieben, können den Ausbruch nachvollziehen, wissen aber auch, daß meist Narben bleiben. Marie ist da unbekümmerter, und genau hier umreißt Wagon ihre Figur im Spiel mit Charakteren wie Ehemann und Mutter zu unpräzise, nicht glaubwürdig genug. Marie ist doch eine intelligente Frau und kein Mädchen mehr. Worte und Gesten sollten dem Nebel der Instinkte voraus oder ebenbürtig sein. Vom Rausch und Sog des Exotischen erzählt Wagon intensiv, einfühlsam und detailverliebt. Vom Aufwachen leider nichts.
Vielleicht aber ist die Regisseurin ziemlich altmodisch und glaubt, daß wahre Liebe alles überdauert. Was ja auch nicht unsympathisch wäre.
Originaltitel: LE SECRET
F 2000, 107 min
Verleih: X Verleih
Genre: Erotik, Liebe
Darsteller: Anne Coesens, Michel Bompoil, Tony Todd
Regie: Virginie Wagon
Kinostart: 31.01.02
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.