„What Can You Do?“ (eine der Menüoptionen auf der Website www.thecovemovie.com) ist eine berechtigte Frage, und mit DIE BUCHT – THE COVE kommt nun ein Film in die Kinos, der, bereits preisgekrönt, überhaupt alle Fragen zugleich stellt (und sie auch beantworten will), und man tut sich schwer, ihm das vorzuwerfen. Warum? Weil DIE BUCHT aufrütteln will und die Welt verbessern – wenigstens ist dies die lesbare Intention. Und in der Tat geht es hier um eine der globalen Schweinereien, und kann man anders, als diese anzuprangern?
Diesmal dreht es sich um Delphine, und Ric O’Barry ist ein Mann, der sich dem Kampf gegen ein Geschäft verschrieben hat, das er selbst mitbegründete. In den 60ern war er Delphintrainer für die FLIPPER-Produktionen, und jenseits der Leinwände und Bildschirme, die das vermeintlich ewig lächelnde Tier zur heiß geliebten Spezies stilisieren halfen, nahm ein Verhängnis seinen Anfang: Delphinarien, Delphin-Shows und -Therapien sind nur Stichworte, dies zu skizzieren. Ric O’Barry, seit mehr als 38 Jahren geläutert, ist längst ein bekannter Gegner dieser Industrie gewordenen Versklavung der Meeressäuger, einer, den Befreiungsaktionen an ferne Weltenden und in Gefängnisse führten, und der schließlich in dem japanischen Küstenort Taiji auf Unvorstellbares stößt: Abgeschottet durch Stacheldrahtzäune und bewacht von Sicherheitspersonal, vollziehen sich Ereignisse, die an die Weltöffentlichkeit müssen.
„Öko-Thriller, Abenteuerfilm und provokanter Coup … unterhaltsam wie ein Mix aus IM RAUSCH DER TIEFE und JAMES BOND“ tönt das Feuilleton getreu dem Presseheft, und es hat recht. Überaus hip in der Ästhetik, ausgestattet mit einem realen Helden und einem regelrechten Guerilla-Team aus Tauchern, Surfern, Unterwasserfilmern und Special-Effects-Künstlern, das Regisseur Louie Psihoyos für diese Mission verpflichtet (nicht ohne es mit einem geeigneten Technikpark auszustatten), geht es in einem Echtzeit suggerierenden Undercover-Einsatz um ein höchst fragiles Gut – um nichts als die Wahrheit. Und es gelingt kaum, ein wenig Abstand zu gewinnen, während man dieser Tour de force folgt, die Emotionen und Informationen, Dokumentation und Inszenierung durcheinander wirbelt um den Preis eines gesteigerten Unterhaltungswertes, gegen den man sich nicht stemmen mag, geht es doch um Rettung, um den Sieg des Guten über das Böse.
Und doch, diesem Aufklärungskrimi liegt ein Heilsversprechen zugrunde, daß sich längst als schwerlich einlösbar herausgestellt hat. DIE BUCHT ist nicht der erste Film, der die Mechanismen und Folgen des globalen Marktes thematisiert (z.B. DARWINS ALPTRAUM, UNSER TÄGLICH BROT) und gleichwohl er viele Fragen beantwortet, provoziert er gerade durch seine Machart neue, und diese zielen nicht nur auf mögliche Folgen seiner Verbreitung. Warum zum Beispiel ist erst die wissenschaftlich belegte Intelligenz einer Spezies ein geltendes Argument für deren Schutz?
Originaltitel: THE COVE
USA 2009, 90 min
FSK 0
Verleih: drei-freunde
Genre: Dokumentation, Natur, Polit
Darsteller: Joe Chishol, Mandy-Rae Cruikshank, Charles Hambleton, Kirk Krack, Isabel Lucas, Ric O’Barry
Regie: Louie Psihoyos
Kinostart: 22.10.09
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.