"Es langt jetzt", sagt die 80jährige Martha, legt sich mit dem Totenbild des Gatten aufs Bett und wartet auf ihr Ende. Doch die letzte Ruhe läßt sich nicht erzwingen - auch wenn der Sohn als Pfarrer den direkten Draht nach oben hat. Stattdessen stolpert Martha, beflügelt vom Enthusiasmus der Freundinnen und angestachelt vom Widerwillen der kleinmütigen Dorfgemeinschaft in ein Abenteuer aus Spitzen und Seide.
Lingerie-Boutique nennt die betagte Dame das ungeheuerliche Vorhaben, das sie immer wieder aufgeschoben hat - um die sechzig Jahre lang. Die versammelte Scheinheiligkeit von vernünftigen Nachbarn und verantwortungsvollen Nachkommen spricht angewidert von einem Schlüpferladen. Die Frivolität von Miederwaren, gepaart mit viel Heuchelei und ein wenig Melancholie - in dieser Mischung entfaltet sich die Komik von Bettina Oberlis Verschwörung der Greisinnen.
Die Schweizer Regisseurin nimmt die schwankende Alterspyramide auf die leichte Schulter und setzt dem Methusalemkomplott eine erdverbundene und dennoch phantastische Dorfgeschichte entgegen, die das heimische Publikum mit Emmentalerisch verquirltem Dialekt und ländlicher Ruppigkeit begeisterte. Tatsächlich ist ihren ewig bevormundeten Pensionisten nichts ferner, als der kalifornische Superrentner, der nur damit zu kämpfen hat, daß ihm die Sonne aus dem Hintern scheint. Martha, Frieda, Lisi und Hanni, die wunderbar gespielten und nuancierten Charaktere, sind auch mal schlecht zu Fuß, manchmal resigniert und immer häufiger zornig. Zum Beispiel, wenn sie von jungen Schnöseln gefragt werden, ob sie sich nicht sozial engagieren wollten, oder so.
Die Sonne holt Oberli auf anderen Wegen in ihre Filmbilder. Geblümte Stoffe, Knöpfe in Knospenform, die sanften Rundungen des Emmentals, silhouettenhaft im Gegenlicht aufgenommen - in allem will und soll hier etwas Neues gedeihen. Daß auch einiges vergeht, ein Leben oder ein paar Illusionen, steht diesem Frühlingsfilm über den Lebensherbst besonders gut zu Gesicht. Ebenso wie die Falten und die bonbonfarbene, spitzenbesetzte Fahne, die am Ende über dem lokalen Gesangsverein flattern wird.
CH 2006, 86 min
FSK 12
Verleih: X Verleih
Genre: Komödie
Darsteller: Stephanie Glasner, Annemarie Düringer, Heidi Maria Glössner, Monica Gubser
Stab:
Regie: Bettina Oberli
Drehbuch: Bettina Oberli
Kinostart: 10.05.07
[ Sylvia Görke ]