Beamte sind ja oft armselige Würstchen. Malochen sie auf dem Arbeitsamt, gaukeln sie sich Marionettenmacht vor, schieben sie beim Ordnungsamt Stunden, dann lecken sie sich die dicken Fingerchen aus schnöder Diffamierungslust, und Finanzbeamte schließlich leiden mitunter an einer ganz vulgären Form der Generalverdachtitis. Man könnte Mitleid haben, würde man solche Nasen durch eigene ehrliche Arbeit nicht auch noch bezahlen müssen. So viel zur Freude am bundesdeutschen Beamtenstaat.
Nun ist da dieser Benno, auch ein Sesselfurzer auf Lebenszeit, der aber ist irgendwie anders. Auch seltsam, keine Frage, aber in Bennos Bewährungshelferbrust klopft noch ein halbwegs fühlendes Herz. Das pocht nun nicht zwingend für den Vollzeitassi Hotte, aber doch für Dennis und Jenny – die halbwüchsigen Kinder des Knackis, Säufers und Subventionsabräumers Horst Mazocha. Das Sorgerecht für die beiden soll diesem angetragen werden. Nun heißt das Recht nicht ohne Grund so, weshalb sich Benno begründet sorgt. Das tut Hotte auch, allerdings nur, um das ihm dann zustehende Kindergeld abzufassen.
Ein gefundenes Fressen für Benno, der sich heroisch in die Bresche schlagen kann, auch, um von eigenen Baustellen abzulenken. Denn er steht unter Druck, seine Liebste will schwanger werden, was auch irgendwann klappt – und Benno in die Arme einer anderen treibt. Denn er hat Tanja verschwiegen, daß seine Spermien so richtig Schrott sind! Ja, das ist ein wüster Haufen, den es noch zu vervollständigen gilt: Der Rotzer Ivic taucht auf, ein Halbstarker mit gepflegtem Migrationshintergrund und der saublöden Idee im Kopf, dem Wiener Geld abzuluchsen. Der Wiener aber, der ist ein richtiger Ganove, was vor Deppertheit freilich kaum schützt ...
Ganz ehrlich, diesen Horst Mazocha muß man kennenlernen! Der Inbegriff dauerausrastenden Prekariats, mit knallrotem Kopp, die Hypertonieschläuche draußen, in speckigem Unterhemd und mit einer gehörigen Blechbrötchenwampe, die solche Typen ja immer mit einem gewissen Stolz vor sich herschieben. Den Streber Benno aber auch, weil man sich totlachen kann über dessen Aktionismus, der irgendwie gut gemeint ist, der aber auch reichlich egozentrisch daherkommt. Es sind zwei Musterknallchargen, die dem deutschen Kino frischen Wind verpassen.
Regisseur Markus Sehr erzählt zwischen derb und emotional, zwischen anarchisch und melancholisch, er blickt auch auf ein System, das sich Resozialisierung derart verbissen auf die Fahnen schreibt, als müsse die nun wirklich immer klappen. Daraus entstehen wahnwitzige Verstrickungen, durchaus auch todernste Momente, die sich aber bald durch das hoch angeschlagene Tempo und den reichlichen, manchmal auch unbekümmert grobschlächtigen Witz der eigentlichen Richtung unterordnen – eine waschechte Komödie ist angesagt! Bei der reichlich zugelangt wird, wie das aber eigentlich immer ist, wenn Österreicher eingeführt werden, wenn die Rede von todsicheren Plänen ist, und wenn Mutter Natur dem vermeintlichen Schöpfungsglanzlicht unablässig in den Sack zwickt.
D 2015, 91 min
FSK 12
Verleih: Movienet
Genre: Komödie, Satire
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Peter Kurth, Anneke Kim Sarnau, Pasquale Aleardi
Regie: Markus Sehr
Kinostart: 03.09.15
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.