Jon Martello ist ein Aufreißer. Ein Sex-Maniac, ein moderner Don Juan, der sich im Fitneßstudio den Körper stählt und beim regelmäßigen Beichten die Seele reinigt, vom immerwährenden Stachel der Fleischeslust. Daß diese sich nun wiederum weniger mit den zahllosen Affären und One Night Stands, die Jon pflegt, befriedigen läßt, sondern vielmehr mit dem exzessiven Konsum von Internetpornos, ist dann allerdings doch ein großer Unterschied zum historischen Vorbild des Don Juan. Und zeigt, wie sehr die Zeiten sich geändert haben.
Am Anfang hebt Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitts Regiedebüt DON JON an als traurig-böse Komödie über die Leere der Lust in unserer Gegenwart. Einer Lust, der jegliche Sinnlichkeit abhanden gekommen ist, dank der visuellen Reizüberflutung durch pornographische Dauerangebote. Sex als Industrie, Masturbation als Fließbandarbeit. Abfallprodukte dabei sind lediglich unzählige verklebte Kleenextücher und die Fähigkeit zum echten Gefühl: Jon nämlich verliebt sich in die verführerische Barbara. Aber auch die kann ihn nicht davon abhalten, selbst unmittelbar nach dem Sex mit ihr aus dem Bett zu schleichen und im Nachbarzimmer heimlich den Computer hochzufahren. Denn nichts, was die Realität bietet, ist so geil wie ein geiler Porno.Was in DON JON allerdings auch daran liegt, daß hier selbst die aufregendsten und selbstbewußtesten Frauen beim Sex allesamt auf der Missionarsstellung beharren.
Okay, kann man als satirischen Seitenhieb auf amerikanische Prüderie sehen, ändert aber nichts daran, daß der Film gerade mit Blick auf seine anfängliche Intention in eine Schieflage gerät: Die Kerle, so suggeriert es DON JON tatsächlich, glotzen Pornos, weil die Ladies nicht so vögeln wollen, wie es in den Pornos vorgeführt wird. Da muß man kein Feminist sein, um das bescheuert zu finden. Und wenn Jon im Laufe der Handlung auf die um einiges ältere Esther trifft, offeriert sich noch eine weitere Facette eines klammheimlichen Puritanismus’, der unter der zweifellos unterhaltsamen Oberfläche dieses Filmes gärt. Die echte wahre Liebe nämlich erkennt man auch daran, wie gut sie die Pornosucht bändigt. Na dann, Halleluja!
Oder liegt es doch nur daran, daß die schöne, reife Esther mal eine ist, die nicht auf der Missionarsstellung beharrt? Na, wenn das allerdings Schule macht, kommen auf die Porno-Industrie echt lausige Zeiten zu.
Originaltitel: DON JON
USA 2013, 94 min
FSK 16
Verleih: Ascot
Genre: Drama, Erotik
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Scarlett Johansson, Julianne Moore
Regie: Joseph Gordon-Levitt
Kinostart: 14.11.13
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.