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Ezra – Eine Familiengeschichte

Vom Ohrläppchenkraulen und Danebenpinkeln

Keine Frage, dieser Junge ist besonders, in jeder Hinsicht. Hat er früher lieber gegrunzt und geschrien als deutlich zu sprechen, haut er jetzt als 11jähriger zu gern Ungefiltertes am Stück heraus, befragt Kahlköpfe nach deren Traurigkeit ob ihrer Glatze, schaut gern mal in die „Times“ und am liebsten „Breaking Bad“, und er liebt es, ordentlich danebenzupinkeln – Ezra! Ganz ehrlich – er selbst kommt mit seinem Autismus eigentlich prima zurecht, es sind nicht selten die anderen, die sich angemacht fühlen, denen vermutlich Empathie fehlt, die wohl manches mißverstehen und gewiß vieles gar nicht. Wenn die Schulleitung mal wieder davon parliert, daß Mitschüler vor Ezra geschützt werden wollen, ist es oft eindeutig er, der gemobbt wird. Und wenn sich seine getrennten Eltern in ihrem Erziehungsverständnis mal wieder arg voneinander unterscheiden, sich gar darüber zerstreiten, dann hilft manchmal wirklich nur eines: Luftholen und Ohrläppchen streicheln lassen. Größere Berührungen lehnt der Junge eher ab. Vorerst.

Man sollte tatsächlich nicht mehr verraten, wie es Ezra schließlich gelingen wird, im familiären Chaos die für ihn so wichtige Stabilität zu erfahren, daher nur so viel: Eine Reise, man könnte auch von Flucht schreiben, mit seinem Vater wird Ezras Mum vorerst noch hysterischer und Behörden übergriffiger und Ezra irgendwie erwachsener werden lassen, die Erkenntnis setzt sich durch, daß es völlig okay ist, anderen ihre eigene Welt zu lassen, und eine weitere Schlüsselfigur, Ezras Großvater, sorgt dafür, daß alten Werten wie Liebe, Akzeptanz und Zusammenhalt der Platz eingeräumt wird, der ihnen gebührt ...

Tony Goldwyn hat einen herzerwärmenden Film geschaffen, ein berührendes Roadmovie, das mit großer Zärtlichkeit aufwartet, und das Allheilmittel des pointierten Witzes kommt hier tatsächlich in der perfekten Dosis. EZRA – EINE FAMILIENGESCHICHTE erzählt angenehm geerdet, verklärt nichts, zeigt vielmehr deutlich auf, wie fatal Kontrollverlust für ein autistisches Kind sein kann, und wie schwer es mitunter ist, gute Eltern zu sein, wobei es noch am besten läuft, wenn man genau das erst gar nicht versucht. Denn wer macht schon alles richtig? Und ganz selten schwang im Kino so viel Liebe mit wie in dem Moment, wenn Ezras Papa über seinen Sohn sagt: „He Is A Challenge.“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.