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Frei nach Plan

Von alten Wunden und neuen Bünden

Familienfeiern sind oft ganz wichtige aber manchmal auch ganz furchtbare Angelegenheiten. Man hat sich länger nicht in der Meute gesehen, ist sich so ein wenig aus dem Weg gegangen - meist aus gutem Grund. Und so knackt es von Beginn an im Gebälk, wenn die drei Schwestern Anne, Iris und Marianne in der schön gefilmten sachsenanhaltinischen Provinz - die wie ein Italien des Ostens anmutet - aufeinandertreffen, um den Geburtstag ihrer Mutter zu feiern.

Kleinere und größere Ätzereien sind so vorprogrammiert wie die Schwestern unterschiedlich: während Marianne recht solide in der Nähe des malerischen Dorfes mit Kind und Kegel lebt, hat sich Anne die Rockbühnen der Welt erobert, na ja, zumindest lebt sie das unstete Leben einer ziehenden Musikerin. Und Iris, das Heimchen gewissermaßen, kümmert sich aufopferungsvoll um die kränkelnde Mutter - auch um ihr eigenes vorbeirauschendes Leben auszublenden. Und da die wilde Anne ohnehin das Lieblingskind von Mama war, sind bei den Mädels alte Wunden längst nicht vernarbt ...

Auch wenn die flott erzählte Blut-ist-dicker-als-Wein-Tragikomödie bisweilen etwas vorhersehbar ist, verblüfft sie doch vor allem durch den intensiven Blick auf ihre Charaktere: Iris ist eben die, die alles ganz genau macht, beim Aufschreiben der Skatergebnisse, beim Kotzewegwischen im Bad der Mutter, beim Planen der Geburtstagssause - nur nicht an die eigenen Sehnsüchte denken ... Das spielt Corinna Harfouch mit großer Empfindsamkeit, da braucht es keinen ausholenden Erklärschwatz, da reicht von Harfouch ein tief ins Mark gehender Blick. Rolle und Spiel sind damit das perfekte Gegenstück zur krachigen Anne, die durchs Leben stolpert und über Gefühle poltert, die alles leicht und sich einfach das nimmt, was sie will. Auch wenn es der Mann ihrer Schwester ist. Marianne ist die vielleicht einzige "normale" Figur auf diesem Verwandtschaftskarussell, aber dafür haut ihr das Leben genauso ordentlich auf die Mütze.

Kluge, pointierte Dialoge, ein schöner Witz und die gut geführte Kamera machen den NACHBARINNEN-Nachfolger von Franziska Meletzky aus, und eben immer wieder allerhand skurrile Ideen des Drehbuchs: dazu gehört der Running Gag mit der narkoleptischen Geliebten des angereisten Vaters und Ex, sowie ein Elefant auf der Dorfstraße. In exakt diesem Moment haucht der sympathische Film gar ein wenig Kusturica-Luft! Aus dessen besseren Zeiten wohlgemerkt ...

D 2007, 90 min
Verleih: Novapool

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Corinna Harfouch, Dagmar Manzel, Kirsten Block, Christine Schorn, Otto Mellies

Regie: Franziska Meletzky

Kinostart: 06.03.08

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.