Originaltitel: JEFF, WHO LIVES AT HOME

USA 2011, 83 min
FSK 6
Verleih: Paramount

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Jason Segel, Ed Helms, Susan Sarandon

Regie: Mark Duplass, Jay Duplass

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Jeff, der noch zu Hause lebt

Von Phlegma und Versöhnung

Er ist 30 Jahre, dicklich, meist zugekifft und lebt noch zu Hause bei Muttern. Jeff ist ein Loser. Zumindest nach den Parametern unserer Leistungsgesellschaft. Aber richtig cool sind die ja auch nicht. Wie man an Jeffs Bruder Pat gut sehen kann. Ein Workaholic, der stolz wie Bolle auf seinen Porsche ist. Ein Schwätzer, der mit Verachtung auf Jeff blickt, welcher letztlich harmonisch im Phlegma chillt und nicht unphilosophisch die Welt durch Ganja-Nebel betrachtet. Nun will es die Geschichte von JEFF, DER NOCH ZU HAUSE LEBT, daß der Titelheld dieses zu Hause eines Morgens dann doch mal verlassen muß für einen Gang zum Supermarkt. Ein Wunsch von Mama Sharon, die in ihrem Großraumbüro von ganz anderen Dingen in Beschlag genommen ist: von Liebesmails eines anonymen Kollegen nämlich. Und während Sharon rätselt und Jeff losschlappt, gerät Pats Leben unversehens aus den Fugen.

Denn es gibt so Tage, da kann alles passieren. Und es gibt Filme, in denen kann alles passieren. JEFF, DER NOCH ZU HAUSE LEBT ist so ein Film, und Küsse unterm Wasserfall im Großraumbüro sind für den ein Leichtes. In der Wirkung ist das insgesamt ein wenig so, als ob die anfänglich erwähnten Nebelschwaden von der Leinwand direkt ins eigene Hirn wabern würden. Denn auch die Regiebrüder Jay und Marc Duplass betrachten diese Welt und die mitunter seltsamen Dinge, mit denen sie uns überrascht, aus der Perspektive eines harmonischen Phlegmas. Ein stilles Staunen, ein ruhiges Lächeln, und das, obwohl doch die Story bald Kobolz schießt. Aber das nach einem Plan, der uns gewöhnlichen Menschen undurchschaubar ist, aber dessen Zeichen einer wie Jeff zu lesen weiß.

Klingt kryptisch? Gut so. Man muß das nämlich sehen und nicht darüber reden, wie hier Fäden auseinander- und zusammenlaufen, Motive aufleuchten, ein Thema variiert und ganz nebenbei eine der schönsten Brüder-Versöhnungen der (wir greifen mal hoch, die Nebel sind schuld) Filmgeschichte zu erleben ist. Zudem machen die Schauspieler wirklich Spaß: Jason Segel, nicht unbedingt der Top-Charaktermime, ist als Jeff schlicht großartig. Ein philosophischer Bär mit gutem Herzen. Das muß Pat bei sich wieder entdecken. Wie dafür Ed Helms die Schnöselfassade seiner Figur bröckeln läßt, hat Klasse. Über die verfügt Susan Sarandon sowieso, und für ihre Sharon, die kurz vorm Verwelken neu erblüht, kann man schon ein, zwei Tränen der Ergriffenheit kullern lassen.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.