D 2019, 86 min
FSK 12
Verleih: NFP
Genre: Drama, Mystery
Darsteller: Noah Saavedra, Marko Mandic, Vanessa Loibl
Regie: Xaver Böhm
„Das ist der Moment. Ich sterbe.“ Während der junge Musiker Juri diese Zeilen in sein Notizbuch schreibt, flackern bereits die verstörenden Vorboten seines drohenden Todes über die Leinwand. Ein Rabe hackt auf Juris offengelegtes Herz ein, dazwischen immer wieder Vanitas-Stilleben von Blumensträußen, Symbole des Vergänglichen.
O BEAUTIFUL NIGHT zeigt einmal mehr Generation Y in einem Schwebezustand zwischen Trübsal, Einsamkeit und Todesfurcht. In dieser Welt kündigt Dr. Google dem Hypochonder an, daß das letzte Stündlein geschlagen hat. Juri ist sich aufgrund eines Ziehens in der Brust seines Todes gewiß, als er im Internet nach Herzinfarkt-Symptomen sucht. Ausgerechnet in einer Spielothek namens „Paradieso“ wird er schließlich auf Gevatter Tod höchstpersönlich treffen, der ihn mit auf eine wilde Tour durch die nächtliche Stadt nimmt. Es ist eine Reise, die als Suche nach einem schönen Ort zum Sterben beginnt, dann nach dem Sinn des Lebens forscht und letztlich die Kraft der Liebe heraufbeschwören will.
Regisseur Xaver Böhm inszeniert dieses mystische Nachtstück in umwerfend schönen Bildern. Wie in einem Fiebertraum stolpert das Männergespann durch die fast menschenleeren Straßen. Überall: flimmernde Neonlichter, knallbunte Farben, im Hintergrund hypnotische Elektro-Klänge. Eine surreale filmische Zwischenwelt, die von schrägen Charakteren und gescheiterten Existenzen besiedelt ist. Jenseitsreise mit dem Tod oder doch nur halluzinogener Drogentrip mit einem Gauner? O BEAUTIFUL NIGHT läßt diese Frage glücklicherweise in der Schwebe. Neben der äußerlich zutiefst ästhetisch verpackten Nummernrevue zwischen Opiumrausch, Peepshow-Besuch und Russisch Roulette ist hingegen kaum Zeit für eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem, was „danach“ kommt. Es bleibt bei simpel gestrickten Kalendersprüchen und klischeehaften Metaphern, die Auflösung am Schluß ist ebenso poetisch wie banal.
Wahrscheinlich kann man jene filmische Umarmung nur vollends genießen, wenn man sich selbst in einer vergleichbaren Lebenssituation wie ihr Protagonist befindet. Doch was macht das schon, wenn einen dieser kurzweilige Trip dennoch so in den Bann zieht? Xaver Böhm gelingt in seinem Spielfilmdebüt wunderbar skurriles deutsches Genrekino. Voller Lässigkeit, voller Coolness und ironischerweise doch voller Leben.
[ Janick Nolting ]