Was für andere Frauen einen Grund zur Freude birgt, belastet Kellnerin Motte – konkret das Baby in ihrem Bauch, welches sie als Alien betrachtet. Und noch dieser Vater: Mottes bester Freund Neo, der nicht weiß, ob er schwul, hetero, bi oder gar nix außer dem Weltschmerz hingegeben sein will. Eine furchtbarere Krankheit frißt Hebamme Rosa auf, nämlich Krebs. Er hat schon gestreut, Heilung fast ausgeschlossen. Die Diagnose belastet Rosas Beziehung zu Marcel schwer, während dessen Putzkraft Layla daran knabbert, daß ihr Ex jeden Wiederanfang verweigert, eine neue Beziehung einging.
Man begegnet sich hier und da, eckt aneinander an, jeder trägt sein eigenes Päckchen, da fällt es schwer, wirklich zuzuhören. Doch solche Orientierungslosigkeit, verständlich angesichts der individuellen Situationen, spiegelt auch die Inszenierung, und dort endet das Akzeptieren recht schnell. Zu wenig differenziert gebaut und arg eindimensional gemimt vor allem die jungen Figuren Motte (als einsamkeitssuchende zukünftige Mutter, welche nie so recht vermittelt, was sie eigentlich möchte) und Neo, ein Emo aus dem Baukasten. Zu herbeigeschrieben die Entwicklungen, kaum aufgebrochen durch überzeugende Dialoge, praktisch knistern allerorten hörbar Drehbuchseiten.
Als größter Pferdefuß hindert allerdings jene irgendwie typisch deutsche Inszenierung inklusive dann doch bedeutungsschwangerer Stille, wenn eine Aussage nachhallen soll, oder langsamer Abblenden, um Raum zum Nachdenken zu gewähren. Dagegen kommen selbst Charly „Marcel“ Hübner und Katja Riemanns Rosa nicht an. Gerade Riemann, von der man weiß, wie gut sie unter starker Leitung agieren könnte, hakt schematisch Kapitel aus dem Darsteller-Lehrbuch ab, was beispielhaft so aussieht: Das Paar sitzt am Eßtisch, Rosa scheint gelöst, Marcel bittet um einen weiteren Arztbesuch, plötzlich fliegen Teller an die Wand, dem – absolut korrekten, hier jedoch gellend gekreischten und daher unangenehmen – Wunsch nach Selbstbestimmung wird Ausdruck verliehen, sofort danach emotionaler Zusammenbruch, Geflüster. Das wirkt nicht ausgeschrieben, auserzählt, ausgespielt, sondern fragmentarisch und erzwungen.
Wenige wirklich anrührende Sequenzen, vor allem Rolf Hoppes Porträt von Rosas knarzigem Vater, können daher letztlich nichts daran ändern: Drei grundsätzlich starke, gefühlsgeladene Geschichten lassen insgesamt eher kalt.
D 2014, 90 min
FSK 12
Verleih: Camino
Genre: Drama, Episodenfilm, Liebe
Darsteller: Katja Riemann, Charly Hübner, Helen Woigk, Arne Gottschling
Regie: Alexandre Powelz
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...