• Meinungen

Schulen dieser Welt

Beruf als Berufung

Sandrine wird für sechs Jahre in ein abgelegenes Dorf ins Buschland von Burkina Faso versetzt. Zurück läßt sie zwei kleine Kinder und ihren Mann, um ganz alleine rund 50 Schülern das Lesen und Schreiben beizubringen. Die französische Regisseurin Émilie Thérond hat sich drei charismatische Heldinnen gesucht, die ihrer Berufung als Lehrerin passioniert folgen, und zeigt, wie sie mit einfachsten Voraussetzungen im Kleinen ganz Großes bewirken.

Bildung ist der Weg, der den Kindern eine Chance auf Unabhängigkeit ebnet. Sei es in Bangladesh, wo Taslima sich auf einem Schulboot vor allem für die Mädchen einsetzt, die von ihren Eltern oft viel zu früh verheiratet werden sollen. Oder in einem Nomadenzelt in Sibirien. Hier sorgt Svetlana dafür, daß die Kinder sich zwischen einem Leben als Hirten oder einer höheren Schulbildung frei entscheiden können.

Was einem beim Betrachten der Frauen und ihren Mühen und Erfolgen in den Sinn kommt: Wie wird die Lehrerschaft hierzulande, in Zeiten des Bildungsnotstands, diese Hymne auf ihren Berufsstand aufnehmen? Schrammt doch ein Großteil knapp am Burnout vorbei, sind die meisten Schulen in Deutschland chronisch unterbesetzt und finden sich immer weniger Kandidaten, die willig sind, sich von einem stark reformbedürftigen Bildungssystem zermahlen zu lassen.

Alles Jammern auf hohem Niveau? Natürlich kann ein einzelner Mensch mit Empathie und Engagement für ihm anvertraute Kinder die Welt verändern, doch berührt Thérond die emotionalen und körperlichen Folgen für Sandrine, Taslima und Svetlana nur am Rande. In einem Saal voller Lehrer wäre es deshalb spannend, bei der Diskussion zum Film dabeizusein.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...