Das Projekt ist inzwischen schon ein paar Jahre alt, der Film erst jetzt fertiggestellt. Nach BLACK BOX BRD und DO IT kommt nun auch Gerd Conradts Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte in die Kinos - STARBUCK HOLGER MEINS.
Conradt, der mit Meins befreundet gewesen ist und mit ihm, Harun Farocki u.a. 1968 von der Filmakademie flog, legt hier ein kritisches und verstörendes Porträt eines jungen Mannes vor, welches er selbst Spurensuche nennt.
Starbuck ist der Name des Steuermanns in Melvilles Roman "Moby Dick". Und Starbuck war auch der Deckname von Holger Meins, der 1974 33jährig als erstes RAF-Mitglied in Untersuchungshaft starb. Conradt (DER VIDEOPIONIER), der sich selbst als Regisseur konzeptionell gestalteter Zeitbilder und Porträts versteht, hat unterschiedlichste Weggefährten Holger Meins’ in Interviews befragt, unter ihnen Gretchen Dutschke, Harun Farocki, Michael Ballhaus, Peter Lilienthal und Margit Schiller. Umfangreiche Archivmaterialien, Filmausschnitte von Holger Meins und Zitate aus seinen Aufzeichnungen ergänzen die Aussagen. Die genreüblichen Erzählungen der Zeitzeugen werden durch Manfred Blessmanns Kommentare der Bilder und Zeichnungen Meins’ strukturiert. Die Hartnäckigkeit, mit der Conradt an der Person Meins festhält, findet hier intensiv Ausdruck.
Conradt stellt in seinem Film viele Fragen. Den Motiven des Entschlusses in den Untergrund zu gehen, als eine der Schlüsselfragen, kommt er nicht näher. Die inszenierten Aussagen einer Zeitzeugin, die nicht vor die Kamera treten wollte, wirken der dichten Gliederung entgegen und bleiben merkwürdig leer. Zuschauern, die sich mit diesem Kapitel deutscher Geschichte weniger beschäftigt haben, müssen einige Zusammenhänge verborgen bleiben.
Befremdlich wirkt, daß Wolfgang Petersen, der mit Meins die Filmschule besuchte, anläßlich einer Pressekonferenz zu einem seiner Filme zitiert wird, wo er zum Thema nicht mehr sagt, als "It was a wild time". Auch George Clooney darf Banalitäten fern der Materie zum besten geben. Vielleicht ist dies als Element konzeptioneller Gestaltung zu verstehen oder als Kontrast zu den eindrucksvollen, weil emotionalen Bildzeugnissen von Meins’ Vater. Eigenartig ist es trotzdem.
D 2001, 90 min
Verleih: Neue Visionen
Genre: Dokumentation, Biographie, Polit
Regie: Gerd Conradt
Kinostart: 20.06.02
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.