• Meinungen

Texas Story

Magische Familiensaga um Tote, Kamele und Ohren

Die spinnen, die Texaner! Spätestens seit J.R. und Bobby in der Gegend um Dallas ihr Unwesen trieben, ist klar, daß dieses Land des Öls, der Rinder und der harten Männer Familienschicksale der besonderen Art hervorbringt. Auch die Whits sind so ein eigentümlicher Clan. Nach dem Tod von Großvater Sparta kommt die ganze Mischpoke zusammen, um den Alten unter die Erde zu bringen. Tochter Miranda wird eigens aus der Nervenheilanstalt geholt - zur Freude ihres Bruders Zach und zum Ärger seiner Frau. Neffe Clinton samt Gattin ist da, und auch Walter, der Sohn des früheren schwarzen Familiensklaven ist geladen. Die etwas gequälte Verwandtenidylle endet jedoch mit dem Verlesen von Spartas Testament, in dem er den Mord an Walters Vater gesteht und damit posthum eine Lawine von Beichten und Bekenntnissen lostritt.

Zwischen der Anreise aller Familienmitglieder und der Beerdigung des Großvaters rollt Autor und Regisseur Herron ein komplexes Tableau ineinander verschachtelter komischer und zutiefst tragischer Geschichten aus, legt mit Phantasie, Intelligenz und Humor hinter der Zeitachse weniger Tage die Mythen und wundersamen Verstrickungen dieser texanischen Sippe frei. Der sechsjährige Enkel und Namensvetter des Verstorbenen dient ihm dabei als Medium, als Tor zu den Urahnen, stiller Beobachter der realen Vorgänge und Zentrum eines Zauberuniversums. Dank magischer Kräfte kann Sparta Junior nicht nur Robert E. - toller Name für ein Kamel ! - beruhigen, sondern auch im Gespräch mit dem Toten, dessen Vater, Groß- und Urgroßvater herausfinden, wie ein Kamel nach Texas kommt, und warum Großmutter der Leiche ihres Gatten heimlich ein Ohr abgeschnitten hat.

Herron findet für diese skurrilen Episoden Bilder, in denen sich Phantasie und Wirklichkeit lange die Waage halten. Dafür leiht er sich den Kinderblick des Jungen, der staubigen Boden und tiefblauen Himmel kaum zu unterscheiden vermag, folgt seiner Logik der Welt, in der alles plausibel scheint.

[ Sylvia Görke ]