Ein Mann, nur eine Schürze tragend, rutscht auf Knien über den Küchenfußboden. „Los, laß uns das Spiel spielen!“, fordert er die Frau auf, die leicht bekleidet und mit Peitsche in der Hand an der Spüle lehnt. „Es ist nicht nur ein Spiel“, sagt sie und sieht dabei unfaßbar traurig aus. Denn am Ende dieses Macht- und Unterwerfungsrituals geht es nicht um Phantasie, sondern um realen Sex.
Mit dem verdient sich Helena ihren Lebensunterhalt. Die 29jährige lebt mit ihrer 11jährigen Tochter Xenia in einer ziemlich schicken Wohnung. Während das Mädchen den Traummann für ihre Mutter im Internet rekrutieren will, verkauft die ihren Körper in einem Edelbordell. Hin und wieder versucht sie ihr Glück mit der Schauspielerei. Einmal besucht sie ein Casting, doch sie scheitert in der Rolle einer notgeilen Frau. Fast emotionslos geht sie wieder über zum Geschäft mit dem Sex.
Die Regisseurin Tatjana Turanskyj begegnet Helena mit distanziertem Blick. Sie konzentriert sich im zweiten Teil ihrer Trilogie über zeitgenössische weibliche Arbeitsbiographien ganz auf die Ökonomisierung dieses Berufsstandes. Die Bordellchefin redet von Rabattaktionen und fordert die Angestellten auf, ihr Portfolio so weit wie möglich zu erweitern, um das Geschäft in Schwung zu bringen. „Kundenbindung ist besonders wichtig für uns“, sagt sie, und ihre Worte klingen wie Hohn in den Ohren der Sexarbeiterinnen, die ihren Körper, aber längst auch ihre Seele verkauft haben. Denn Helena spielt nicht nur Domina, sie muß sich zudem die Alltagsprobleme ihrer Kunden anhören. Aber nur so lange, bis die bezahlte halbe Stunde zu Ende ist. Mit ihrem Job führt sie ein lukratives Leben, Zufriedenheit aber will sich nicht einstellen.
Warum sich Helena dieser dauerhaften Demütigung aussetzt, erzählt Turanskyj nicht. Als gäbe es keinen Ausweg. Während ihre Mutter ihre Sexualität zum eigenen Vergnügen auslebt, wirkt Helena wie eine Gefangene ihrer selbst und der Machtphantasien der Männer. Der Film gipfelt in der totalen Entwürdigung der Frau, für die sie allerdings sehr gut bezahlt wird. Es ist nackter Kapitalismus – im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist erschütternd, aber nicht neu und hinterläßt auch deshalb Fragezeichen im Kopf, weil die Systemfrage nie ohne die Menschen und ihre Zwänge darin beantwortet werden kann.
D 2014, 94 min
FSK 16
Verleih: Drop-Out Cinema
Genre: Drama
Darsteller: Julia Hummer, RP Kahl, Susanne Bredehöft
Regie: Tatjana Turanskyjmm
Kinostart: 26.02.15
[ Claudia Euen ]