Originaltitel: WILSON
USA 2017, 95 min
FSK 12
Verleih: Fox
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Woody Harrelson, Laura Dern, Judy Greer
Regie: Craig Johnson
Kinostart: 29.06.17
Fangen wir mit einem Kalauer an: Dieser Mann, dieser Wilson, ist echt auf den Hund gekommen. Ein misanthropischer Grobklotz notorischer Ehrlichkeit, bar aller Diplomatie im Umgang mit Anderen, unfähig zum verbindlichen Zwischenton in noch jedem der Gespräche, die er so führt. Viele sind es eh nicht. Also Gespräche. Denn die Menschen, ganz klar, die meiden Wilson, der dann auch – um den Kreis zum Hund zu schließen – nichts und niemanden hat, außer eben seinen Hund. Ein guter und goldiger Freund, keine Frage. Dieses Gefühl lastender Einsamkeit indes kann auch der nicht verdrängen. Ein Gefühl, das in Wilson geradezu wie eine Flut ansteigt, als ihn die Nachricht vom Tod seines Vaters ereilt. Um gegen diese Flut Dämme zu bauen, sucht Wilson nach Jahren den Kontakt zu seiner Ex-Frau Pippi. Und erfährt dabei, daß er eine Tochter im Teenager-Alter hat.
Womit die Richtung dieser Geschichte vorgegeben scheint, die sich auf den Nenner „Misanthrop lernt dank Kind die Menschenliebe“ bringen ließe. Stimmt zwar und funktioniert trotzdem nicht so ganz. Denn tatsächlich spult WILSON das Alles-wird-gut-nach-Schema-F mal nicht ab. Was die gute Nachricht ist. Die schlechte: Craig Johnson ist ganz offensichtlich ein (noch?) recht unsicherer Regisseur. Die Symptome dafür sind auch hier die üblichen. Dialogillustrationen in kreuzbraven Bildern. Montagen, die holpern. Und (eigentlich gute) Schauspieler, die tendenziell zu schrill und überzogen agieren. Wie immer, wenn keiner so recht den Job der Schauspielerführung übernommen hat.
Zugleich aber ist da eben diese einnehmende Geschichte eines Mannes, der sich ändert und doch treu bleibt. Eine Geschichte, die nicht mit Rührseligkeit zu korrumpieren versucht. Und das, obwohl sie es ganz leicht könnte. Eine Geschichte zumal, die sich immer wieder dramaturgischen Erwartbarkeiten entzieht und Titelheld Wilson zu einer wahrlich tragikomischen Figur und zum seltsamen Paradoxon eines menschliche Nähe und Liebe suchenden Misanthropen macht. Dem wiederum Woody Harrelson passend Gesicht verleiht. Overacting hin oder her.
Womit WILSON, um es mal so zu sagen, ein Film ist, der formal ein wenig auf den Hund gekommen ist, in dem aber unverkennbar ein großes Herz schlägt. Und manchmal muß das vielleicht auch einfach reichen.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.