I am Love
[ 13.09.2010 ] Die Filmkunstmesse schaut auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte zurück, in deren Verlauf sie sich als feste Institution im Bereich des anspruchsvollen Films etabliert hat und nun bereits seit zehn Jahren besteht. Und wieder sind die Leipziger Zuschauer, von den Veranstaltern als „neugierig“ gelobt, herzlich dazu eingeladen, fünf Tage lang gutes Kino zu erleben, zum Jubiläum sogar mit einigen Neuerungen.
Am wichtigsten dürfte dabei sein, daß erstmals eine sonst brancheninterne Podiumsdiskussion für alle Interessierten geöffnet ist: Unter dem Motto „Die digitale Mission – Kampf um die Standards“ soll erörtert werden, wie sich der Trend zur Digitalisierung vornehmlich im Arthouse-Sektor niederschlagen könnte. Den diesbezüglichen Auswirkungen widmet sich Thomas Elsaesser, Filmwissenschaftler der Universität Amsterdam und Gastprofessor an der Universität Yale, in einem Vortrag. Kinofans sollten ihn nicht verpassen!
Und weitere prominente Gäste haben ebenfalls schon ihr Kommen zugesagt – unter anderem wird Andreas Arnstedt seine erschütternde Dokumentation DIE ENTBEHRLICHEN live vorstellen, Micha Lewinsky hat nach DIE STANDESBEAMTIN nun DER FREUND im Gepäck, und Thomas Frickel deckt erfrischend sarkastisch DIE MONDVERSCHWÖRUNG auf.
Überhaupt sind ganz klar Filme nach wie vor das Herzstück der Messe. Bereits der Eröffnungsabend wird bunt – und das nicht nur, weil Eric-Emmanuel Schmitt in seiner eigenen Bestseller-Adaption OSKAR UND DIE DAME IN ROSA neben großen Gefühlen knallige Kleiderfarben verspricht. Vielmehr meldet sich auch Neil Jordan mit dem Liebesreigen ONDINE zurück, und zeigt der Geheimtip MONSTERS, wie sich Aliens die Erde krallen wollen. Der Einstieg in ein vielfältiges Programm, welches 35 brandaktuelle Werke noch vor Bundesstart präsentiert. Da gibt es zum Beispiel ein Wiedersehen mit Tilda Swinton im Familiendrama I AM LOVE, und bietet die melancholische Selbstsuche VERGISSMICHNICHT der alterslos schönen Sophie Marceau eine große Bühne, während sich IN IHREN AUGEN, OSCAR-Gewinner 2010 für den Besten fremdsprachigen Film, neben Gewalt und Schmerz gleichwohl Liebe und Poesie spiegeln.
Ebenfalls vielfach prämiert widmet sich FISH TANK den Nöten einer Heranwachsenden, wohingegen CARLOS – DER SCHAKAL gewisses Durchhaltevermögen erfordert: Die in Cannes bejubelte Terroristen-Ballade läuft 333 Minuten ... Sicher können Regisseur und Darsteller bei ihrem Besuch in Leipzig etwas dazu sagen, ob es vielleicht doch auf die Länge ankommt. Unerschrockenheit anderer Art sollte schließlich aufbringen, wer sich an die Kurzfilmsammlung DAS GRAUEN KOMMT UM MITTERNACHT! wagen möchte, passend zum Titel als Midnight Screening offeriert.
Aber auch kleine Zuschauer kommen auf ihre Kosten, denn die Nachmittage stehen ganz im Zeichen des Kinder- und Jugendfilms. Unter anderem flimmern PONYO, das aktuelle Wunderwerk von Hayao Miyazaki, Tom Tykwers SOUL BOY oder – ebenfalls ein Novum! – die Dokumentation CHANDANI UND IHR ELEFANT über die Leinwand. Neben allerhand Neuem wird im 10. Jahr Bewährtes natürlich trotzdem fortgeführt, wozu Verlosungen vor den Filmen, mit Gewinnchancen dotierte Fragebögen zum Gesehenen, die Verleihung des Publikums-preises sowie ein Best Of der Filmkunstmesse am Freitag gehören, denn schließlich kann man ja nicht immer alles sehen oder steht manchmal vor ausverkauften Sälen.
Da bleibt, analog zum gleichermaßen als Aufforderung fungierenden Jubiläums-Slogan „Filme feiern!“, eigentlich nur noch eins zu sagen: Feiern Sie mit!
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...