176 S., 130 Abb., Verlag Knesebeck München, 49,95 EUR
[ 23.12.2010 ] Sein Name ist eine echte Marke, auch 30 Jahre nach seinem Tod wissen selbst diejenigen, die noch nie einen seiner über 50 Filme gesehen haben, damit irgendetwas anzufangen, was nicht nur mit dem gehörigen Arbeitspensum des britischen Regiestars, sondern vor allem mit seiner einmaligen Filmsprache, dem sogenannten Hitchcock-Touch, zu tun hat. Der wird auch in dem vorliegenden Band ausgiebig erwähnt, vielleicht auch ein wenig überstrapaziert, zumal Kritisches weitgehend ausgespart wird.
Denn selbst einer wie Hitchcock schwächelte ein paarmal, zum Beispiel in den 60ern mit Filmen wie MARNIE oder DER ZERRISSENE VORHANG. Das waren zum Teil dröge, wenig spannende und bei letzterem auch wahrlich hanebüchene Filme, denen aber ein in der Filmgeschichte bisher wohl einmaliges Gesamtwerk gegenübersteht. Und dieses Buch nun ist in der Tat – vor allem für Fans – die Anschaffung wert. Denn wenn man sich erst einmal durch das recht betuliche und unverhüllt glorifizierende Vorwort von Hitchcocks Tochter gemüht hat, geht es auf eine spannende und anekdotenreiche Reise durch 50 Jahre Filmhistorie.
Seine ersten Werke drehte der später zum Sir Geadelte in Deutschland, hier eignete er sich im Zuge des deutschen Filmexpressionismus’ Fähigkeiten bei Lichtsetzungen, Schattenspielen und stilbildenden Montagen an, die später ergänzt mit dem dramaturgischen Mittel des Suspense seine ganz eigene Handschrift, eben den Hitchcock-Touch, ergaben. Stilprägend wurden seine Werke ab 1934 mit dem Thriller DER MANN, DER ZU VIEL WUSSTE, den er dann gut 20 Jahre später noch einmal mit James Stewart drehte, einem seiner Lieblingsmimen. Seinen absoluten Durchbruch feierte er 1939 in den USA mit REBECCA. Von da an wurde Filmgeschichte geschrieben: ICH KÄMPFE UM DICH, ICH BEICHTE, BEI ANRUF MORD, DAS FENSTER ZUM HOF, ÜBER DEN DÄCHERN VON NIZZA, VERTIGO, DER UNSICHTBARE DRITTE, PSYCHO, DIE VÖGEL und in den 70ern die auch mit Humor versetzten Meisterwerke FRENZY und FAMILIENGRAB.
Interessant ist zu lesen, daß in den 20ern Hitchcocks Produzent dessen erste Filme verschwinden ließ, aus Neid, weil sich bereits da ein großes Talent offenbarte. Überhaupt hatte Hitchcock trotz des Erfolges einige Kämpfe auszustehen, wie die zahlreichen reproduzierten, recht aufwendig und liebevoll beigefügten und herausnehmbaren Faksimiles in Form von Briefwechseln, Storyboards, privaten Fotokollagen und Drehbuchexzerpten belegen. Und Verleihtelegramme: Paramount übte Zensur, als man den Regisseur doch höflich, aber unmißverständlich auforderte, die „Inzest“-Ebene zwischen Norman Bates und seiner Mutter sowie einige Nacktszenen in PSYCHO zu entschärfen.
Ergänzt wird mit ein bißchen Tratsch, wer mit Hitchcock gut konnte (Sean Connery), wer weniger (Paul Newman, Montgomery Clift), daß der Dicke eher auf blonde Darstellerinnen schwörte, und mal wieder wird zitiert, daß Hitchcock seine Darsteller als „Vieh“ betrachtete. Alter Hut, möchte man meinen, aber was soll’s: Wenn man über den etwas unsteten Stil des Buches hinwegsieht (mal fast empirisch geschrieben, dann mit privaten Details gespickt und immer gern durch das überflüssige Nacherzählen der Filme ergänzt), das Werk Hitchcocks, die unstrittbare Leistung für die Filmhistorie wird gebührend gefeiert.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.