[ 02.01.2012 ] Manchmal empfindet man ein wenig Scham, wenn man nach Frankreich schaut. Nein, nein, nicht wegen der napoleonischen Großmannssucht des kleinen Mannes in der ersten Reihe dort, nein, ganz anders und ganz einfach – wegen der Kinoverliebtheit der Franzosen. Erklärung gefällig? Nicht nur, daß dort fast alle großen internationalen Filme oft ein Vielfaches an Besucherzahlen im Vergleich zu Deutschland schreiben, auch die Treue und die Probierwut der Franzosen am Kino von Zuhause ist neiderregend. Im November gab es Wochen, da wurden in den Top 10 der Kinocharts gleich 8 Plätze von französischen Filmen belegt. Momentan geht dort die Komödie ZIEMLICH BESTE FREUNDE durch die Decke, der Film hat die 20-Mio-SCH’TI-Grenze fest im Blick. Bei uns klatscht man sich schon gegenseitig ab, wenn ein Til-Schweiger-Vehikel immerhin vier Millionen Zuschauer anlockt. Die Kinoliebe der Franzosen treibt einem die Röte ins Gesicht, da darf man schon an unserer vielzitierten Kulturliebe zweifeln, wenn im Nachbarland anspruchsvolle Filme von Regisseuren wie Pedro Almodóvar ebenso ein x-faches der hiesigen Besucherzahlen generieren. Was ist nur los mit uns? Gerade der letzte Film von Almodóvar ist mit knapp 140.000 Zuschauern bei uns trotz Starbesetzung der besucherschwächste Film des Spaniers seit mehr als 14 Jahren. Wenn es darum geht, kollektiv um Glühweinstände zu scharwenzeln, herdenbrav ins x-te Grönemeyer-Konzert zu tippeln oder sich bei billigen Klassik-DVDs auf mittelstädtischen Marktplätzen zu betrinken, da lassen sich Massen mobilisieren. Fürs Kino? Pustekuchen!
Man kommt nicht umhin, den Deutschen im Umgang mit der schönsten aller Künste, der Filmkunst, doch ein erschreckendes Maß an Ahnungslosigkeit zu attestieren. Das Medium Film hat noch immer keinen (nennenswerten) Anteil an der deutschen Schulbildung, Nachwachsende denken beim Wort „Film“ spontan eher an Clip denn an Kinokunst. Ich behaupte: Allein durch (Film-)Bildung kann man Berge versetzen, weil neben faktischem Wissen Techniken, Stile und Lesarten vermittelt würden. Auch Ängste und Unsicherheiten würden abgebaut – zum Beispiel die vor den Genres. Das deutsche Erfolgskino läßt sich (neben handverlesenen Ausnahmen) oft auf alberne Lachstücke reduzieren, die Franzosen dagegen haben überhaupt keine Berührungsängste: Komödie, Actioner, Comic, Naturdoku, Horror ... alles scheint zu gehen. Ein Film wie FENSTER ZUM SOMMER, um nur wieder ein Beispiel herauszupicken, wäre in Frankreich mindestens ein Achtungserfolg geworden. Bei uns wurde er frech ignoriert!
So ein neues Jahr verleitet ja immer zu guten Vorsätzen. Nehmen wir uns doch gruppendynamisch etwas ganz Schlichtes vor: einfach mehr ins Kino gehen. Und dann den anderen davon erzählen, wie gut das tat ...
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.