[ 03.03.2014 ] Es hatte fast etwas von einer Gewohnheit. Man sitzt in einem Film, Titel spielen jetzt mal keine Rolle, man sitzt also in irgendeinem Film, es muß nicht mal ein guter sein, eher einer von den durchschnittlichen, den solide abgespulten, die Hollywood Jahr für Jahr vom Fließband auf die Kinoleinwände bringt; und man sitzt also in so einem Film und erwartet sich nicht allzu viel, und dann taucht er auf, in einer mehr oder weniger wichtigen Nebenrolle. Und wenn er auftaucht, dann ist das immer wie ein kleiner Stromstoß für die Aufmerksamkeit. Man strafft sich instinktiv, und sollten die Gedanken abgeschweift sein, dann sind sie jetzt wieder gebündelt, auf das, was auf der Leinwand geschieht.
Von einer „Gewohnheit“ nun hat das was, weil Philip Seymour Hoffmann verdammt oft auf diese Nebenrollen-Art in einem Film erschien. 53 Kinoauftritte hat er absolviert, und es gab Momente, wo man im dunklen Saal sitzend fast reflexhaft ein beglücktes „Hi, Phil! Schön, daß Du auch wieder dabei bist!“ zur Leinwand brabbeln wollte. Nun, auch das, wir wissen es, ist jetzt für immer vorbei. Am 2. Februar starb Philip Seymour Hoffmann in New York. Er wurde 46 Jahre. Und was die Umstände seines Todes angeht, was die Abgründe seiner Drogensucht betrifft, und das, was die Dealer zu berichten haben und die klebrigen Expertisen in den Medien kolportieren, das alles ist unwichtig und von jener Erbärmlichkeit, die Leichenfledderei immer hat. Und man wird das gottlob auch bald wieder vergessen haben.
Wer aber unvergeßlich bleiben wird, ist dieser blaß-rotblonde Kerl, der privat so unscheinbar war, wie nur irgendeiner. Zu leuchten begann er im Spiel. Auf der Bühne, der er Zeit seines kurzen Lebens treu blieb, boten ihm Shakespeare, Tschechow, O’Neill oder Shepard die Rollen, die er füllen konnte, die seiner schauspielerischen Größe angemessen waren. Und auch, wenn Bennet Millers CAPOTE zu Recht Hoffman den Hauptrollen-OSCAR bescherte, so war es doch Paul Thomas Anderson, der besagte Größe am prägnantesten in Kinoszenen zu setzen wußte. THE MASTER ist der letzte von vielen gemeinsamen Filmen, der in beinah dämonischer Zuspitzung zeigt, wie hypnotisch still Hoffman das Unmäßige, auch Unbotmäßige anklingen lassen konnte.
„Ich will nicht das Gefühl haben, daß ich etwas Wichtiges im Leben verpaßt habe“, hat Hoffman mal in einem Interview gesagt. Bitterer kann im nachhinein ein Satz kaum klingen. Zwei Filme hat Hoffman kurz vorm Tod noch beendet. Einer davon ist Anton Corbijns A MOST WANTED MAN (Starttermin: September). Der Titel wurde zum Menetekel, denn einen Philip Seymour Hoffman wird das Kino nicht wieder finden.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.