Replik an den KREUZER

[ 12.01.2023 ] Reaktion auf den Artikel

„Brandstifter, rechthaberischer Typ ...“ | Kreuzer 12 2022 | Autoren: „Ben Wagner“ | Lars Tunçay



Liebe Kollegen vom KREUZER,



erst einmal meinen herzlichen Glückwunsch zum neuen Redaktionsmitglied Ben Wagner, zweifellos eine fachliche Bereicherung für Ihr Magazin. Darüber hinaus bekunde ich ganz offen puren Neid um die vermutlich endlosen wirtschaftlichen Ressourcen Ihres Stadtmagazins, wenn Sie doch für die neue Edelfeder gleich Platz für eine ganze Seite einräumen, um sich in einem höchst tendenziösen Text gegen mich auszubreiten.



Von gutem Journalismus zu schreiben, sehe ich der Sachlage wegen einmal ab, aber Ihr neuer Redakteur, der seiner Feigheit letzten Schliff verlieh, indem er sich hinter eben jenem Pseudonym „Ben Wagner“ (Kenner der Film- und Leipziger Kinolandschaft!) verschanzt, läßt jeden journalistischen Standard vermissen, Anstand sowieso, wozu gehört, daß man bei einem derart kampagnenartigen Wurf gegen meine Person auch den so Gescholtenen anzuhören hat. Ich komme Herrn Wagner aber gern entgegen und äußere mich hier zu den Vorwürfen und Umständen.

Im übrigen: Es gibt sogar kühne Stimmen aus der Film- und Leipziger Kinolandschaft, die Ihren sich ja ebenfalls über mich im gleichen Heft äußernden Filmredakteur Lars Tunçay hinter dem Pseudonym vermuten. Verrückt und abwegig ...



Da der KREUZER sich bekanntermaßen als Solitär im Leipziger Blätterwald versteht, der sich der Wahrheit und nichts als der Wahrheit verschrieben hat, erlaube ich mir, Ihren Lesern auch einen kleinen Beitrag zur Wahrheit beizusteuern. Ihr Filmredakteur Herr Tunçay pflegt eine gewisse Tradition, was seine Scheu angeht, mit Menschen direkt zu sprechen, er tut dies lieber über sie. So bereits auf seiner Facebook-Seite im Frühjahr 2021, als er erstmals vor der Lektüre des PLAYER warnte. Die üblichen Claqueure salutierten, nur ein einziger, von mir geschätzter Kulturmacher Leipzigs fragte nach, warum Herr Tunçay nicht das Gespräch mit mir suche, woraufhin er in etwa reagierte, daß mit solchen Leute nicht zu reden sei, er habe da Erfahrungen in der Familie gemacht. Gut, Herr Tunçay mag keine Störfeuer und spricht eben nicht gern.



Anderthalb Jahre später sorgte wohl der Umstand, daß ich trotz klarer Haltung relativ schadlos durch diese verrückte Zeit gekommen bin, noch immer für Schmerzen in der Brust von Herrn Tunçay, also legte er nach und schickte im November 2022 meinen Kinokollegen sowie weiteren Geschäftspartnern eine E-Mail im Namen des KREUZER mit Betreff „Causa PLAYER.“

Causa PLAYER – was habe ich mir darunter vorzustellen? Wenn ich sehe, wie akribisch und letztlich eben doch völlig aus jedem Kontext gelöst Herr Tunçay und/oder sein Kollege Ben Wagner PLAYER-Zitate sammelten und verwendeten, erscheinen vor meinem geistigen Auge im KREUZER-Redaktionsstübchen mehrere Leitz-Ordner fürs feinsortierte Sammelwerk.



Nun, Herr Tunçay schrieb in der erwähnten E-Mail, „ ... wir beobachten bereits seit mehr als zwei Jahren mit Sorge, wie sich das Leipziger Kinomagazin PLAYER entwickelt.“ Daß ich so viel Sorge bereite, bekümmert mich, aber wer sind eigentlich „Wir?“ Die geschlossene KREUZER-Mannschaft, die neue Filmredaktionsdoppelspitze Tunçay/Wagner oder doch nur eitler Pluralis Majestatis? Herr Tunçay schrieb in der E-Mail, daß ich mich im PLAYER kritisch mit dem Vorgehen der Politik zu Pandemiezeiten auseinandersetze. Dem ist nicht zu widersprechen. Dann aber warf er den Kinobetreibern einen fauligen Köder hin, in dem er konkludierte: „Ich erzähle da bestimmt nichts Neues.“ Ein Leserbrief gab dann wohl den letzten Impuls, sich der Sache anzunehmen und in Ihrem Heft mal was Größeres zur „Causa PLAYER“ zu bringen. Der KREUZER jetzt also auch als Kummerkasten für empfindsame Leser-Seelen. Irgendwie niedlich. Interessant ist übrigens, daß Herr Tunçay moderatere Äußerungen weiterer Kinokollegen und Geschäftspartner, die ihm durchaus vorliegen, nicht berücksichtigte. Er mag eben keine Störfeuer.



Ich kenne die Motivation der Film- und Leipziger Kinolandschaftskenner Tunçay/Wagner nicht, außer, daß sie womöglich den fiebrigen Traum haben, durch eine Art PLAYER-Gate zu großen Journalisten zu reifen. Offensichtlich ist, daß Herr Tunçay und Herr Wagner es schlicht nicht aushalten, wenn jemand andere Bewertungen der Corona-Zeit vornimmt als sie eben selbst. Herr Tunçay mischt sich zudem auch in intakte Geschäftsbeziehungen ein, touchiert die Grenze zu Rufmord und Geschäftsschädigung, sein stetes Drängen und Nachfragen in der Kinoansprache, ob man denn auch überlege, die Verträge mit dem PLAYER zu kündigen, lassen mindestens den Eindruck zu, daß mir da einer vor allem auch unternehmerisch schaden will. Das finde ich, pardon, klein und erbärmlich. Und generell: Zitate aus 2020 hervorzukramen, ist im Wortsinn gestrig und besserwisserisch sowieso.



Unter Kollegen: Ich sehe den KREUZER als Magazin eines klassisch linken Haltungsjournalismus’. Störe ich mich daran? Nein! Muß ich mich über die zu meinen eigenen Bewertungen oft völlig konträren Einschätzungen Ihrer Autoren dann im PLAYER auslassen? Nein! Betrachte ich den KREUZER einfach als Teil eines gottlob demokratisch verbrieften Meinungsspektrums? Ja!



Ich erlaube mir, Ihrem Redakteursduo aus Herrn Tunçay und Herrn Wagner einen kollegialen Rat zu geben: Greifen Sie noch mal ins Leitz-Regal, lesen Sie gründlicher und unvoreingenommen, und wenn Sie schon mit Bienchenfleiß zitieren, dann nicht derart willkürlich und zusammenhanglos. Und wenn Sie einmal bei der profunderen Lektüre sind, empfehle ich aufrichtig gleich noch einen Blick ins Grundgesetz. Da stehen für Sie womöglich irritierende, gar schmerzliche, aber letztlich ganz wunderbare Dinge zur Meinungsfreiheit drin.



Aber ich will nicht knausrig sein: Die KREUZER-Mannschaft darf gern in einer lauschigen Glühweinrunde den Herren Tunçay und Wagner bei der vertiefenden Lektüre helfen, ich spendiere für jeden waschechten Corona-leugnerischen, rechtsorientierten oder Haß und Spaltung proklamierenden Satz, den ich tatsächlich persönlich geäußert haben soll, die Abnahme eines KREUZER-Jahres-Abo.



Es grüßt trotz allem weiterhin kollegial



Michael Eckhardt (heißt in Wirklichkeit nicht anders)

Herausgeber PLAYER-Kinomagazin