Editorial 09/24

[ 05.09.2024 ] Man hört ja tatsächlich von Leuten, die es echt nur einmal im Jahr ins Kino schaffen. Soll es wirklich geben. Dieser vermutlich sehr raren Spezies möchte ich für 2024 dann eben diesen einen Film empfehlen, der nichts weniger als die perfekte Frischzellenkur fürs mitunter etwas zu bequem gewordene Lichtspiel ist: THE SUBSTANCE. Gut, etwas Furchtlosigkeit und Wagemut sollten im Gepäck sein, dann klappt das schon. Und vielleicht ist ja genau dieser eine, in seiner irren Ästhetik und unerbittlichen Stringenz wahrlich erlesene Film trotz allen Schockpotentials der Türöffner, wonach einmal eben keinmal ist, und auch Gelegenheitskinogänger den Weg an den schönsten Ort der Welt wieder häufiger finden. Denn ich glaube fest an Wiederholungstäter, der Kinomonat September ist geradewegs prädestiniert dafür.

Wer den besonderen Jungen Ezra in EZRA – EINE FAMILIENGESCHICHTE nicht ins Herz schließt, hat vermutlich gar keins. Gleiches gilt für alle, die sich in WAS IST SCHON NORMAL? vom Lachen Sofians, den deftigen Witzen Ludovics, der bewundernswerten Resi-lienz Maries und der Bauernschläue Arnauds nicht anstecken und berühren lassen. Hazals Wut in ELLBOGEN fährt einem tief ins Mark, auf die charismatische Petra Kelly wirft der gleichnamige Dokumentarfilm einen vielschichtigen Blick, die Tocher-Vater-Reise in TREASURE geht zu Herzen, und wer kühn und filmverliebt genug ist, der begibt sich ins ganz große Wagnis und ertastet Nagelneues und Unerprobtes im Programm der Filmkunstmesse.

Wirklich jedem lupenreinen Cineasten sei Francis Ford Coppolas Kinowucht MEGALOPOLIS angetragen. Denn egal, was die ewigen Meckerer aus Cannes berichteten, egal, daß des Meisters Glanzzeit ganz sicher in den 70ern lag – Coppola bedeutet noch immer Kino aus jeder Pore. MEGALOPOLIS muß man erlebt haben, denn hier war zweifelsfrei ein Filmbesessener am Werk, der mittlerweile 85 Jahre alte Filmemacher schenkte sich wahrlich nix, hielt unbeirrbar an seinem visionären Werk fest und besticht nun mit einem Einfallsreichtum, klugen aktuellen Querverweisen und geradezu orgiastischer Bilderflut. Und vielleicht geriet manches zu viel, zu komplex, zu verworren, vielleicht war Scheitern aber nie brillanter ...

Beglückende Kinoabende wünscht

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.