Editorial 03/25

[ 27.02.2025 ] Traurig! Das fällt einem als erstes ein, wenn man beim Schreiben der Zeilen noch vor der Verleihung der OSCARS an EMILIA PÉREZ denkt. Eben weil dies ein großartiger Film ist, der nun wegen grober Unüberlegtheit und eines gehörigen Schluckes aus der zeitgeistigen Empörungskulturpulle unter die Räder zu geraten droht. Ausgelöst durch nicht besonders kluge, wenig sympathische, gar feindselige, allesamt aber vor Jahren gemachte und nun zur Unzeit hochgekochte Äußerungen der Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón.

Es handelt sich um private Äußerungen, wobei man Gascón auch auf Grund ihrer ganz privaten Situation eine kritische Haltung zum Islam zugestehen darf. Das dumme Austeilen gegen diverse Ethnien und Kollegen – ärgerlich. Sie hat sich nach Bekanntwerden der teils grenzwertigen Tweets jedoch entschuldigt, das sollte reichen. Genau dies tut es aber heutzutage nicht. Manchmal ist es vielleicht der Ton, manchmal aber eben auch das Lauern der Meute auf Fehltritte, denn es ist ja nun nicht so, daß EMILIA PÉREZ trotz beeindruckenden Preisregens weltweit mit offenem Herzen von einem großen Publikum empfangen wurde. Es gab wohl von Beginn an seltsame Vorbehalte diesem Film gegenüber, das spiegelt sich in den Kinobesucherzahlen in den Territorien wider, wo er nicht via Netflix verstrahlt wurde. Auch in Deutschland wurde der Film leider nicht der Hit, der er verdient hätte zu werden. Denn, ich bleibe dabei, der Film ist großartig! Zudem gab es in 2024 keinen Film, der solchen Hype erfuhr wie EMILIA PÉREZ, üblicherweise zeigt sich das auch in der Resonanz des Publikums.

Wenn nun die nominierte Gascón den OSCAR als „Beste Hauptdarstellerin“ nicht bekommt, weil in Hollywood moralische Integrität eventuell mehr wiegt als starkes Schauspiel, dann würde sie als Künstlerin unverdient verlieren, aber sie sollte es trotz allem sportlich nehmen. So wie Nicole Kidman und Pamela Anderson, die für ihre überragenden Performances in BABYGIRL und THE LAST SHOWGIRL noch nicht einmal nominiert wurden. Daß im moralinsauren Klüngel-Hollywood Skandale und Skandälchen über der Leistung der Schauspieler stehen – daran könnte in der Tat was sein. Angelina Jolie, in Hollywood nicht gerade Everybody’s Darling, meinte trotzig, nachdem auch sie für ihr starkes Spiel als Callas in MARIA übergangen wurde, daß Hollywood eben Pro-Brad ist ...

Ist schon ganz schön viel Kino, was da gerade abgeht, und gutes Kino kennt eben nicht immer ein Happy End. Oder doch: Weil durch das Gezerre um Gascón plötzlich Demi Moore OSCAR-Chancen für THE SUBSTANCE (für mich neben EMILIA PÉREZ der Film in 2024!) ausgerechnet werden. Dann wäre doch alles wieder gut. Halbwegs ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.