Felicia, mein Engel

Felicia ist schwanger. Ihr Freund Johnny hat sich verdrückt und der britischen Armee angeschlossen. Grund genug für den erzkatholischen Vater, sie zu verstoßen. Felicia verläßt Irland und macht sich auf nach Birmingham, um Johnny zu finden. Sie trifft auf den kauzigen, aber liebenswerten Mr. Hilditch, seines Zeichens Küchenchef einer Werkskantine. Hilditch scheint die Hilfsbereitschaft in Person zu sein und unterstützt den verlorenen Engel Felicia. Er kümmert sich um eine vernünftige Unterkunft und verspricht, bei der Suche nach Johnny zu helfen. Schnell mag Felicia den seltsamen Hilditch, und er ist der erste, zu dem sie Vertrauen hat. Doch schon bald verhält sich Hilditch zunehmend befremdlich...

Atom Egoyan spielt mit verdeckten Karten. Einerseits zeigt er in beängstigenden Rückblenden traumatische Kindheitserlebnisse Hilditchs, der scheinbar lebenslang unter seiner dominanten Mutter leidet. Andererseits beunruhigt er, indem er kollagenhaft erzählt, daß Felicia nicht das erste Mädchen ist, dessen sich der unauffällige Hilditch angenommen hat. Immer wieder liefert er schockierende, klaustrophobische Bilder verängstigter Mädchengesichter. Lange läßt er uns im Unklaren: haben diese Mädchen die Begegnung mit Hilditch überlebt oder hat er ihnen unvorstellbar Grausames angetan. Diese Unsicherheit heizt auch die Angst des Zuschauers um Felicias Schicksal an. Was hat Hilditch mit ihr vor oder meint er es wirklich gut? Als unglaublich geschickter Erzähler bringt Egoyan erst weit nach der Hälfte des Films Licht in das undurchschaubare Spiel. Hilditch lädt Felicia zu sich nach Hause ein. Sie ist immer noch in dem Glauben, daß der dickliche Helfer, der sie stets mit warmer Stimme "Felicia, mein Engel" nennt, bis vor kurzem mit seiner Frau Ada zusammenlebte, die angeblich im Krankenhaus verstorben sein soll. Uns erzählt Egoyan natürlich schneller von der Wahrheit. Als Hilditch vor ihrem Besuch schnell Damenwäsche auf die Leine hängt, ahnt der Zuschauer, wie krank und abartig Hilditch wirklich ist...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.

Originaltitel: FELICIA’S JOURNEY

GB/Kanada 1999, 116 min
Label: Arthaus

Genre: Tragödie

Darsteller: Bob Hoskins, Elaine Cassidy, PeterMcDonald

Regie: Atom Egoyan