F 1974-75, 456 min
Label: Studio Hamburg
Genre: Drama, Komödie, Thriller
Darsteller: Marthe Keller, André Dussollier, Bulle Ogier, Marlène Jobert, Jacques Dutronc, Serge Reggiani
Regie: Claude Lelouch
In den 70ern herrschte regelrechte Claude-Lelouch-Zeit, kaum ein Jahr, in dem er nicht wenigstens zwei Filme drehte. Dabei blieb Lelouch sich thematisch weitgehend treu, diese Eigensinnigkeit einer Beziehung zwischen Mann und Frau trieb ihn an, und er interessierte sich weiterhin fürs Kleinganoventum. Da fällt das in schlammigen Sepiatönen gefaßte Drama EINE EHE schon fast heraus, zu gefallen weiß es trotzdem. In drei Jahrzehnten wird von Glück und Zerfall einer Ehe erzählt, verrückterweise sind ausgerechnet die letzten Kriegsmonate im jungen Bund von Henry und Janine die glücklichste Zeit, später machen sich Ignoranz, Ekel, Verbitterung und eine große Einsamkeit breit.
Von der Zerbrechlichkeit des Glücks weiß auch EIN LEBEN LANG zu erzählen, wobei Lelouch hier weit, manchmal zu weit in der Ahnentafel ausholt, um das zufällige Zusammenkommen von Mann und Frau zu inszenieren. Erst in den letzten Minuten finden Simon und Sarah zusammen, gegensätzlicher könnten sie ohnehin nicht sein, sie aus wohlhabendem jüdischen Haus, er der Knacki, der schließlich als (Werbe-)Filmer Karriere macht. Manchmal erzählt Lelouch hier geradezu frivol, vor allem die Momente von Sarahs Backfischschwärmerei für den persönlich aufschlagenden Gilbert Bécaud zählen dazu, dann drängelt sich bisweilen ein schulmeisterhafter Ton nach vorne. Ein großer Wurf ist der Versuch, das bis dato komplette 20. Jahrhundert zu umreißen, nicht geworden, aber wie spielerisch, wie fingerschnippend Lelouch Bögen spannt und Lebenslinien zusammenführt, begeistert dann doch. Und zu sehen, welche Präsenz ein André Dussollier (Marthe Keller sowieso) bereits in jungen Jahren hatte, ebenso!
Überhaupt drehte Lelouch zu dieser Zeit bereits mit den größten Stars Frankreichs. Die sommersprossige Marlène Jobert und der singende Frauenheld Jacques Dutronc gehörten dazu, mit ihnen filmte er DER GUTE UND DIE BÖSEN, eine leider irgendwie unentschiedene Arbeit. Lelouch versuchte, eine Gaunergeschichte mit der Judenverfolgung zu verknüpfen, ein Beziehungsfilm als NS-Kollaborationsdrama, und da gelingen ihm einfach nicht alle Töne. Der Schwenk von leichtfüßiger Komik zu Unterwasserfolter, vom Autoklau zu Beutekunst ist zu abenteuerlich, um als handfestes Drama über Unmenschlichkeit und Verkommenheit oder eben als satirisch angehauchtes Banditenstück zu funktionieren.
Da weiß der schmissige, wieder mal mit leichter Hand und Verve inszenierte Krimi EINE KATZE JAGT DIE MAUS eher zu überzeugen, was auch an Serge Reggiani als schwer unkonventionellem Ermittler liegt, der einer reichen Witwe (herrlich kalt von Michèle Morgan gegeben) den Mord an ihrem Mann nachweisen will. Ein wunderbar altmodisches Whodunit über falsche Fährten, seltsame Verstrickungen des Hauspersonals und ziemlich korrupte Bullen.
Nur am Rande: Ärgerlich bleibt auch bei dieser zweiten Lelouch-Box, daß Studio Hamburg sich nicht um eine angebrachte deutsche Untertitelung bemühte, noch nicht mal an den Stellen, die an sich nur im Original verfügbar sind. Bedachter Umgang mit Filmerbe im weiteren Sinne sieht anders aus ...
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.