Als die Doku um, über und mit Madonna Anfang der 90er Jahre in die Kinos kam und floppte, stand die Tagline "Like youve never seen her before" auf den Plakaten. Was natürlich Nonsens war, denn gerade zu Beginn jener Dekade gab es eigentlich nichts mehr, was der geneigte Fan, Kinogänger, Zeitungsleser, Fernsehzuschauer und Musikhörer über Madonna hätte Neues erfahren können. Die Popikone hatte sich narzistisch umgekrempelt, sogar ihre unverhüllte Nacktheit löste nur noch müdes Abwinken aus.
Und trotzdem ist diese Hommage und sensible Beobachtung ein hochinteressantes Dokument, denn damals war trotz und wahrscheinlich wegen ihres grenzenlosen Exhibitionismus Madonna DIE ungewöhnlichste Figur der noch von den 80ern traumatisieren Musikwelt. Und Madonna war damals trotz ihres mitunter bis zur Peinlichkeit betriebenen Legenden-Kopierwahns ein Original. Das ist heute nicht mehr ganz so.
IN BED WITH MADONNA zeigt die Popkönigin im Umfeld ihrer BLOND AMBITION-Tour von ihrer verletzlichen, diktatorischen, witzigen und auch zurückhaltenden Seite. Hochamüsant wie sie den "alten Sack" Warren Beatty an der Nase rum führt und dem damals noch schüchternen Antonio Banderas vor den glutäugigen Augen seiner zornigen Frau ihre Verführungsrituale offenbart, melancholisch und fast traurig wie Madonnas verzweifelte Annäherung an die ihr stets etwas fremde Figur des Vaters dokumentiert wird, bezaubernd und reizend ihr schwesterlicher Umgang mit den hochattraktiven und (fast) durchweg schwulen Tänzern.
Auch wird beim x-ten Betrachten dieses faszinierenden Porträts klar, daß die heutige Madonna zwar noch gut aber eben nicht mehr so besonders ist. Wenn Madonna heute möchtegern-provokant den Stinkefinger zeigt und alle findens gut, dann wird deutlich: früher war Madonna der Stinkefinger, der Stachel im Arsch der feigen Spießer, die personifizierte Attacke auf Intoleranz und Kleinbürgertum. Unnahbares Kunstobjekt, eine Göttin, asexuell, der Inbegriff des Glamours.
Heute steht Madonna - die Musikerin raushängen lassend - schon mal mit Gitarre auf der Bühne und unterscheidet sich da kaum noch von diversen lesbischen Rockmädels. So wollte ich Madonna eigentlich nie.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.
Originaltitel: IN BED WITH MADONNA
USA 1991, 114 min
Label: Fox HE
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Alek Keshishian