430 min
Label: Absolut Medien
Genre: Drama
Regie: Michael Haneke
War in Hanekes frühen Filmen die pervertierte Gesellschaft und deren Auswüchse in Form einer scheinbar motivfreien Gewalt das Thema, beschäftigte er sich in den darauffolgenden Filmen mit dem Kampf um Würde, thematisierte das Durchkommen in fremden Situationen - oft als Kraftakt, der blutige Opfer braucht. Nur die Kafka-Adaption DAS SCHLOSS fällt in dieser Box aus dem Rahmen. Wie so oft bei Haneke setzt er diese Geschichte um den Landvermesser K. in keinen zeitlich zu bestimmenden Raum, er jongliert mit Originalzitaten und schafft es - in den beschränkten Möglichkeiten des Mediums - Kafkas bizarres Erzählfragment um Macht, Bürokratie und staubige Moral zu einem zwar spröden, aber durchaus faszinierenden Film zu adaptieren.
In WOLFZEIT arbeitete er nach DIE KLAVIERSPIELERIN zum zweiten Mal mit Isabelle Huppert zusammen. Sie spielt Anne, die vor einer nicht eindeutig zu benennenden Gefahr flieht. Ihr Mann wurde erschossen, sie und die Kinder entkamen. Haneke spielt den E-Fall durch, eine Utopie in einer unbestimmten Zeit, in einer Gegend, die so gar nichts Futuristisches hat: feuchte Wiesen, üppige Wälder und mittendrin der viehische Mensch. Er inszeniert das Wechselspiel von Opfer und Jäger, Hingabe und Despotie, von Charakter und Schwäche. Haneke verteilt wie immer keine Sympathien, er ist zwar moralischer Wächter, dennoch kein verurteilender, um Allwissenheit heischender Ränkeschmied. Urangst, das Ankratzen der menschlichen Würde und das radikale Einfordern der Freiheit bestimmen das Grundmotiv des Films.
In CODE: UNBEKANNT, der neben WOLFZEIT zu Hanekes persönlichen Favoriten gehört, sehen wir die Schauspielerin Anne, deren Liebhaber Georges, der als Reporter an Kriegsschauplätzen arbeitet, dessen sich vom Vater emanzipierenden Bruder Jean, der in einer Unachtsamkeit die bettelnde Maria aus Rumänien demütigt, wodurch der helfende Afrikaner Amadou Ärger mit den Bullen kriegt. Mit diesem vorerst wertfreien Beobachten erzählt Haneke - wie gewohnt in harten Schnitten - unprätentiös von Flucht, Heimat, vom Wanken der Würde, vom unbändigen Willen und der Härte des Durchkommens.
Ergänzt wird die Box durch die Doku 24 WIRKLICHKEITEN IN DER SEKUNDE. Hier erleben wir Haneke als manchmal bescheidenen Menschen, der im Premierenrummel der Huppert die Bühne überläßt, dann wieder als anstrengenden Pendanten bei den Dreharbeiten und direkt im Premierenkino, wo er am liebsten die Amperezahl der Projektionslampe drosseln möchte, weil ihm manche der dunklen Szenen dann doch zu hell erscheinen. Für ihn persönlich sei Feigheit das eigentliche Thema seiner Filme, und selbstkritisch sagt der Graubart Haneke, er sei zwar kein brillanter Erzähler, aber ein ganz guter Monteur. Dem darf widersprochen und zugleich zugestimmt werden.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.