357 min
Label: Pierrot Le Fou
Genre: Drama
Regie: Michael Haneke
Michael Haneke gehört auf Grund des sicher kalkulierten "Schocks" seiner Filme zu den streitbarsten, gleichwohl interessantesten Regisseuren der letzten zwei Dekaden. Obwohl er sich fast immer mit Gewalt, moralischem Verfall und sozialer Verwahrlosung beschäftigt, ist er weit entfernt vom tumben Zeigefingerdiktat. Er, der studierte Psychologe, beobachtet vielmehr Menschen in ihrem Alltag, zeigt kleine Veränderungen, die Alltägliches schleichend deformieren, die das "Ventil" verstopfen - bis nur noch die Katastrophe der Ausweg sein kann. Diese Trilogie steht dafür.
Den Anfang macht DER SIEBENTE KONTINENT (1989). Alles scheint in Ordnung, die drei Zahnbürsten der Kleinfamilie stehen friedlich im Wasserbecher, die Eltern haben gute Arbeit, ein bißchen was geerbt, das Kind ist gesund, alles bestens. Doch es dräut, es gluckst im emotionalen Gebälk, erst flüsternd, dann schreits nach Ausbruch, nach Neuorientierung. Auch wenn es nicht das sonnengeflutete Australien sein wird, wohin sich die Familie aufmacht. Es ist ein so viel traurigerer, aber der einzig mögliche Ort ... Fast stumm wird eine schier unerträgliche Spannung aufgebaut, mit sich wiederholenden Bilder jongliert Haneke, mit Aussparungen (keine Musik!) und immer wieder seinen berühmten harten Schnitten.
Das gilt auch für BENNYS VIDEO (1993), der einer der drastischsten und nachhaltigsten Filme Hanekes ist: ein 13jähriger Wiener Gymnasiast tötet aus Mutwillen, Neugier und Langeweile ohne jedes Anzeichen innerer Erregung ein gleichaltriges Mädchen. Seine Eltern wollen ihn schützen. Fragen tun sich auf: Wie pervertiert ist unsere Gesellschaft, wo versagt die Familie? Hervorragend gespielt, effizient inszeniert - eine markerschütternde Abhandlung über den unfertigen, da asozialen Menschen.
Ähnlich nüchtern und dadurch so profund demonstrierend, wie beiläufig Gewalt entsteht, zeigt Haneke in 71 FRAGMENTE EINER CHRONOLOGIE DES ZUFALLS (1995) den Amoklauf eines jungen Studenten, der scheinbar motivfrei in einer Wiener Sparkasse drei Menschen und anschließend sich selbst tötet. Haneke legt mehrere Spuren, er beobachtet wieder unterschiedliche Menschen, um zu einem Großangriff auf die Entartung medialer Einflußnahme und auf den Fatalismus familiären Frostes zu starten.
Mit diesen drei frühen Filmen bereits zeichnete sich Haneke als einer der ganz wenigen europäischen Filmemacher aus, die eine eigene Handschrift haben. Er selbst interpretiert sein Oeuvre: "Ich versuche Wege zu finden, um Gewalt als das darzustellen, was sie immer ist - als nicht konsumierbar."
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.