Sie hält das Zepter streng in der Hand. Das geht auch nicht anders, denn die blasse Grace muß sich, nachdem ihr Mann Charles 1945 nicht aus dem Krieg zurückkehrte, allein um ihre zwei Kleinen - Anne und Nicholas - kümmern. Das ist nicht leicht, zumal Grace mit rigider Penibilität in diesem viktorianischen, schauerlich anmutenden Anwesen nicht nur ihre Kinder erziehen und ausbilden, sondern auch stets alle Fenster und Vorhänge geschlossen halten muß. Direktes Licht würde ihren Kindern, die an einer unheilbaren Krankheit leiden, das Ende bereiten. Unterstützung erhält die kühle Schönheit von einem kauzigen Gärtner, einer knorrigen Haushälterin und einem stummen Dienstmädchen. Doch schon bald schleichen sich beunruhigende Veränderungen ein: fliehende Schatten, flüsternde Stimmen, knarrende Geräusche. Die kleine Anne ist sich zudem ganz sicher, daß da noch jemand im Haus lebt: ein Junge namens Viktor. Während Grace dies als Unfug abtut, werden bald auch ihr die Augen geöffnet. Jetzt muß sie erst recht um ihre Familie kämpfen ...
Amenábar versteht es bestens, altbekannte Schauermethodik treffsicher zum Gänsehautgaranten zu entwickeln. Von Beginn an setzt er die klaustrophobische Dunkelheit zur Stimmungsmache ein, rutscht damit aber niemals in die Breiigkeit der üblichen romantisierenden und irgendwie albernen Geisterhaus-Frotzeleien. Er verzichtet auf brachiale Blutlastigkeit, nutzt spielerisch bedrohliche Klänge und dämonisches (Kerzen-)Licht und zaubert geschickt und überzeugend Entsetzen und schiere Angst in die traurigen Augen seiner Helden. Er stellt Graces Kampf um den Erhalt der Familie, deren sicherer Hort eh zerrissen und nun akut bedroht ist, in den Mittelpunkt und bietet Nicole Kidman mit einer brillanten Performance als verängstigte Mutter jenseits allen Gluckentums die Rolle ihres Lebens. Mit ihrer fragilen Statur, ihrer angespannten, scheuen und doch scheinbar selbstsicheren Haltung verleiht sie ihrer Figur überzeugende Entschlossenheit und blanke Verzweiflung.
Amenábars stilsichere und verunsichernde Grusel-Mär verbeugt sich vor dem Altmeister des subtilen Schauers Alfred Hitchcock, ist aber eigentlich besser als die meisten seiner Filme. Ehrlich, wer sich in THE OTHERS traut, wird beim Festkrallen in den Kinosessel schnell verstehen, daß Graces kämpferische Furcht mehr als begründet ist. Unglaublich!
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.
Originaltitel: THE OTHERS
Spanien/USA 2001, 104 min
Label: Universal Video
Genre: Horror, Thriller
Darsteller: Nicole Kidman, Fionnula Flanagan, Elaine Cassidy Christopher Eccleston
Regie: Alejandro Amenábar