Originaltitel: 20 FEET FROM STARDOM
USA 2013, 89 min
FSK 0
Verleih: Weltkino
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Morgan Neville
Kinostart: 24.04.14
Der gewonnene OSCAR 2014 ist alles andere als eine Überraschung. Daß die Academy im vergangenen Jahr mit SEARCHING FOR SUGAR MAN einen stilistisch und inhaltlich wirklich aufreibenden (Musik-)Dokumentarfilm ehrte, war ein echtes Ereignis. 20 FEET FROM STARDOM aber ist in Machart und Inhalt so amerikanisch und konventionell, dabei so erwartet unterhaltsam wie pfiffig, daß sich über die Ehre keiner ernsthaft wundert.
Sie heißen Lisa Fischer, Darlene Love, Táta Vega, Lynn Maybry oder Mary Clayton. Entweder haben sie Teile ihres Namens geändert oder ihn stolz behalten. Es schien nicht zu zählen, denn wie viele andere Sängerinnen und Sänger der zeitgenössischen Populärmusik waren und sind sie zumeist 20 Fuß vom Ruhm entfernt. Sie standen und stehen hinten, sind der Chor im Background, und wenn sie nach vorn dürfen, haben sie in erster Linie Augenschmaus zu sein. Ohrenweide sind sie allein durch ihr Können. Jene Konzertbesucher und Musikfreunde, die weiter blicken können und hören wollen als zum „Doo Doo Doo Doo“, wissen das. In Morgan Nevilles Film ist es an Sting, den entscheidenden Satz zu sagen, wonach Talent beileibe nicht alles sei. Wie wäre es mit Glück und Zufall?
20 FEET FROM STARDOM hätte vor allem Mut zur Reduzierung gut getan, ein nicht ganz so ruheloser Schnitt, der nicht ganz so weite Spagat durch die Jahrzehnte, die Fokussierung auf drei, vier Protagonistinnen. Sting ist dabei einer von vielen „Catchern“, die diesem Fleißwerk ein gesteigertes Interesse und nicht zuletzt die Finanzierung gesichert haben. Er und Stevie Wonder, Bruce Springsteen, Mick Jagger, Bette Midler. Sie wurden gebeten, sich zum Wert ihrer gern schwarzen Chorsängerinnen zu bekennen. Was sie tun, und zwar glaubhaft.
Der Filmtitel suggeriert dabei so etwas wie eine auf ewig verpaßte Chance. Speziell im Soul der frühen Jahre, als all die bejubelten Solisten ohne ihre Crystals, Blossoms, Raylettes oder Ikettes im Studio und auf den Bühnen sehr viel blasser ausgesehen hätten, war sogar Unterdrückung im Spiel. Patti Austin ist es, die aber auch von ihrer fehlenden Lust erzählt, mit denen da vorn zu tauschen. Und Lisa Fischer genießt sehr, ohne Push-Up-BH und Sonnenbrille über die Straße gehen zu können. Judith Hill bezeichnet ihre Arbeit als „Sprungbrett oder Treibsand.“ Und manchmal ist es einfach nur ein Job – wie die Kreischgeräusche für AVATAR …
[ Andreas Körner ]