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2 Tage Paris

Urkomisches Regiedebüt einer Allrounderin

Julie Delpy ist eine maßlos schöne Frau. Da kann man Ethan Hawke nur zu gut verstehen. Ihm soll es angeblich die Sprache verschlagen haben bei den Dreharbeiten zu BEFORE SUNRISE, jener entwaffnend romantischen Komödie, die beide 1995 für Richard Linklater drehten. Sie trafen neun Jahre später zur amüsanten Fortsetzung BEFORE SUNSET erneut zusammen, an deren Drehbuch Julie Delpy mitschrieb. Für ihr urkomisches Regiedebüt 2 TAGE PARIS (läßt man ihre Kurzfilme mal außen vor) rekrutierte sie "Friends and Family", so übernehmen unter anderem ihre Eltern die gleiche Funktion im Film. Sie selbst schrieb die Musik, das Drehbuch, war für den Schnitt verantwortlich und schlüpfte vor allem in die Hauptrolle der neurotischen Marion. Mit Hornbrille, unberechenbarer Libido und spitzem Mundwerk ist sie unschwer als hinreißendes weibliches Pendant zu Woody Allen zu erkennen.

Marion hat mit Lover Jack eine aufreibende Europareise hinter sich gebracht (die der Zuschauer in einer Diashow absolviert). Vor der Rückreise nach New York steht noch eine Stippvisite bei Marions Eltern in Paris an. Beim kurzen Stop in der Stadt der Liebe entladen sich angestaute Mißverständnisse und Ungeklärtes. Daß das Paar an jeder Ecke der Seine-Metropole einem anderen Ex-Freund von Marion in die Arme läuft, ist nicht unbedingt hilfreich. Konstante Sticheleien von Marions Eltern, ausgeplauderte Peinlichkeiten und eine Party mit Eifersuchts-alarm geben Jack den Rest. Die Liebe zu Marion steht auf dem Prüfstand.

Es verwundert nicht, daß 2 TAGE PARIS von der Aufstellung her an Linklaters anfangs erwähnte, wortreiche Komödien erinnert. Kamen deren Pointen aber meist sanftmütig, ja harmonisch daher, so geht Frau Delpy wenig zimperlich vor. Es geht ihr um mehr als die amüsant-romantische Umspülung moderner Seelen. Sie möchte es genau wissen: Verträgt eine Partnerschaft die Offenheit über Vergangenes? Können Amerikaner und Franzosen sich lieben? Und wie steht’s überhaupt um Mann und Frau heutzutage? Für den Erkenntnisgewinn tarnt sich Julie Delpy als hilflose Marion und ihren Film als Komödie. Sie eröffnet ein großzügiges Streufeuer der Pointen und Seitenhiebe, niemand wird verschont. Ihre Zielscheiben sind George W. Bush ("Ihr habt ihn doch gewählt!"), lüsterne Althippies und neurotische Beziehungshypochonder, wie Jack und Marion es sind. Ein vermeintlicher Schimmelfleck weckt im Hygienefetischisten Jack das Unglück von Jahrhunderten, die falsche Katzendiät führt zur mittleren Familienkatastrophe, und Daniel Brühl darf als Fee mit militanten Absichten einen süßen Gastauftritt absolvieren.

Julie Delpy gibt einfach keine Ruhe. Sie feuert dicht und zielsicher, gönnt nur wenige Atempausen, beispielsweise, wenn sie kulturelle Vorurteile und Alltagsrassismus unter die Lupe nimmt. Doch selbst diese ernsten Momente treffen ins Schwarze. Bleibt zu hoffen, daß Frau Delpy auf 2 TAGE PARIS noch viele folgen läßt.

Originaltitel: DEUX JOURS À PARIS

D/F 2007, 95 min
Verleih: 3L

Genre: Komödie

Darsteller: Julie Delpy, Adam Goldberg, Daniel Brühl

Stab:
Regie: Julie Delpy
Drehbuch: Julie Delpy
Musik: Julie Delpy

Kinostart: 17.05.07

[ Roman Klink ]