Sie sagen wieder „Schatz“ zueinander, die Spät-Zwanziger und Früh-Dreißiger. Sie meinen es auch so. Jahrelang haben sie im Innern gegen das Kleinfamilienmodell ihrer situierten Erzeuger angekämpft und sind irgendwann wie von selbst beim Wunsch gestrandet, es dann doch zu wollen. Oder nicht? Zumindest vielleicht.
Regisseur Dietrich Brüggemann hat sich mit seiner schauspielenden Schwester Anna nach RENN, WENN DU KANNST wieder erfolgreich an der gemeinsamen Stoffentwicklung einer flotten Alltagskomödie versucht. Er ist 36, sie 31. Die Geschwister wissen also nur zu genau, wovon sie erzählen. Von Geschwistern. Philipp,
Wiebke und Swantje glaubt man als Zuschauer diese sichtbaren und unsichtbaren Fäden gemeinsamer Vergangenheit vom Start weg. Ihre Turbulenzen auch. Denn, wie schon der Titel 3 ZIMMER/KÜCHE/BAD verrät, das große Rücken und Heimatsuchen bricht aus. Philipp will seine Freundin Maria aus Freiburg nach Berlin holen, obwohl seine Gefühle zur flippigen Dina längst nicht so klar kumpelig sind, wie sie scheinen. Thomas und Jessica sind schon gefestigt und vor dem Sprung ins eigene Nest, meint man, während die große Wiebke immer wieder nur auf die falschen Kerle trifft und vom erweiterten Freundeskreis das Trost-Abo bezieht. Die Generation Praktikum ist praktisch permanent in Not.
Wer mit wem und warum? Es geht aus Zimmern auf Treppen, von Straßen in Häuser. Dietrich Brüggemann sieht hin und seinen entschieden unentschlossenen Helden und Akteuren vier Jahreszeiten lang nicht nur auf die Finger, in die Augen, auf den Mund. Er weiß mit Ironie umzugehen, Situationskomik und Albernheiten zu dosieren, spielt gekonnt auch zwischen Eltern und Kindern und nimmt deren innere Dramen ernst. Mit leichter Hand dirigiert er echte Umzugskartons und all die imaginären Rucksäcke, die die Figuren mit sich herumschleppen und noch nicht abwerfen können.
Hätten die Filmemacher im Verbund ein letztes Mal die Schere in die Hände genommen und aus jetzt 118 Minuten vielleicht 97 gemacht, 3 ZIMMER/KÜCHE/BAD wäre so etwas wie allerbestes Gutfühlkino geworden. Das Zuviel killt hier allerdings nicht gleich das ganze Erlebnis. Die Empfehlung bleibt.
D 2012, 118 min
FSK 0
Verleih: Zorro
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Jacob Matschenz, Katharina Spiering, Amelie Kiefer, Aylin Tezel, Anna Brüggemann, Robert Gwisdek, Alice Dwyer, Corinna Harfouch
Regie: Dietrich Brüggemann
Kinostart: 08.11.12
[ Andreas Körner ]