Originaltitel: WHAT WE DO IN THE SHADOWS

Neuseeland/USA 2014, 85 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Kult, Komödie, Horror

Darsteller: Taika Waititi, Jemaine Clement, Jonathan Brugh

Stab:
Regie: Taika Waititi, Jemaine Clement
Drehbuch: Taika Waititi, Jemaine Clement

Kinostart: 30.10.14

12 Bewertungen

5 Zimmer Küche Sarg

... in einer zum Sterben witzigen WG

Als Filmkritiker fühlt man sich dem klassischen Vampir sogleich eng verbunden: Die bleiche Gesichtsfarbe, das lichtscheue Wandeln, und vielleicht träumt mancher Kollege gar davon, in stürmischer Nacht nur mit einem Flatterhemd verhüllte junge Damen zu beißen. Tatsache, Vampire sind großartig – vor allem dann, wenn um sie herum ein adäquat verehrungswürdiger Film entsteht. Wie dieser.

Er schickt ein bestens geschütztes Kamerateam los, welches den Alltag vierer Blutsauger begleiten soll. Kaum ward das als Heimstatt dienende Domizil betreten, erschallt ein Ruf wie Donnerhall: „Wecki, wecki!“ Es ist 6 Uhr, abends wohlgemerkt, folglich Aufstehzeit für das Quartett. Und schon geht der Ärger los – in der Spüle steht noch blutiges Geschirr, was man doch keinem zumuten kann, eventuelle Gäste (= Opfer) sollen ihre letzten Lebensminuten schließlich ästhetisch unbelastet verbringen! Glaubt zumindest der ordnungsfanatische Viago, die anderen Bewohner sehen das weniger eng. Petyr scheint nach 8000 Jahren nicht mehr ganz fit, neigt dazu, Wirbelsäulen etc. einfach rumliegen zu lassen, und hüllt sich ansonsten in unter Senilitätsverdacht stehendes Schweigen. Vladislavs Beiname „Der Stecher“ wiederum hat nur relativ weit entfernt mit dessen Folterkammer zu tun, und Deacon wird von einer nach Unsterblichkeit dürstenden, derzeit jedoch noch menschlichen Freundin genervt. Als der knackige Nick unfreiwillig zum untoten Kollegen avanciert, geraten die Dinge aus dem Ruder, denn Nick kommuniziert seinen Neustatus allerorten, was nicht bloß einen Van-Helsing-Verschnitt interessiert. Chaos bricht aus!

Nun gibt’s Momente, da muß man richtig tief in die Adjektivkiste greifen. So sei es: Was viel zu kurze 85 Minuten lang auf der Leinwand abgeht, ist selbst ungeachtet oben beschriebener Zuneigung schlicht grandios, saukomisch, kultverdächtig, einzigartig zu nennen. Ganz entspannt sprudelt hier ein Füllhorn der absurd-brillanten Ideen wie die teils herrlich überzogenen Blutfontänen, bei denen sogar das flauschigste, zwecks bewahrter Reinlichkeit sorgfältig ausgelegte Handtuch kapituliert; egal, ob Vladislavs Schlacht gegen das furchtbare „Biest“ – worum es sich dabei handelt, darf man keinesfalls verraten – auf der Agenda steht, eine lykanthropische Selbsthilfegruppe („Werwölfe, keine Streitwölfe!“) für uralten Zoff sorgt, oder moderner Jungfrauenmangel vor Nachschubprobleme stellt. Manchmal leuchtet’s gar tiefstschwarz, man beachte die zwei ... na ja ... minderjährigen Vampirmädchen und deren Beuteschema.

Primär geht’s jedoch um wahnwitzigen, herrlich albernen, indes nie schwachsinnigen Spaß, welcher deshalb so klasse funktioniert, weil alle Beteiligten trefflich erkannten, daß man sich durchaus tief vor dem Genre verbeugen darf (am offensichtlichsten Petyrs NOSFERATU entlehntes Erscheinungsbild), ihm deswegen aber nicht gleich die Füße küssen muß, sondern vielmehr kräftig drauftreten kann. Natürlich voller Zuneigung. Und apropos: Für eine absonderlich herzergreifende Liebesgeschichte bleibt da gleichfalls noch Platz.

Die Suche hat daher ein Ende, der legitime Nachfolger zum artverwandten TANZ DER VAMPIRE wurde endlich gefunden. Möge er, wie im Schlußgag von Polanskis Klassiker gesehen und geschehen, das – grundsympathische – Böse auf der Welt verbreiten, um die frohe Kundschaft unters ängstlich zitternde Volk zu werfen: Vampire sind auch bloß völlig normale Ex-Menschen!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...