Originaltitel: THE NEXT THREE DAYS
USA 2010, 133 min
FSK 12
Verleih: Kinowelt
Genre: Thriller
Darsteller: Russel Crowe, Elisabeth Banks, Olivia Wilde
Regie: Paul Haggis
Kinostart: 20.01.11
Ein alltäglicher Morgen bei Familie Brennan. John ist noch gelassen im T-Shirt, Lara schon fertig im Kostüm, am Frühstückstisch sitzt der kleine Sohn. Es klingelt an der Tür. John öffnet – und innerhalb weniger Augenblicke ist nichts mehr so, wie es war. Und wird es nie wieder sein.
Paul Haggis’ 72 STUNDEN ist das US-Remake des französischen OHNE SCHULD (2008). Eine Frau wird aus heiterem Himmel wegen Mordes verhaftet. Die Indizien sprechen gegen sie. Ihr Mann, überzeugt von ihrer Unschuld, setzt alle juristisch möglichen Hebel in Bewegung. Vergeblich. Das Urteil für seine Frau: lebenslänglich.
Was schon in der französischen Variante mit Vincent Lindon und Diane Kruger in den Hauptrollen nur teilweise aufging, funktioniert auch in der US-Variante mit Russell Crowe und Elisabeth Banks aus ähnlichen Gründen zumindest anfänglich eher zäh. Weder Kruger noch Banks etwa glaubt man in ihren Rollen erst die Verzweiflung, dann den Fatalismus, mit denen sie auf ihr hartes Schicksal reagieren. Schlicht eine Frage schauspielerischer Qualität. Eine Frage des Skriptes ist die etwas wacklige Konstruktion, mit der hier unerbittliche Schicksalsmühlen mahlen sollen, und wie ein zu allem entschlossener Ehemann diese stoppen will. Da gibt es Momente, in denen man sagen möchte: Eh, mach es dir doch nicht so schwer.
Trotz dieser Mankos ist aber gerade auch Paul Haggis’ Variante eine durchaus sehenswerte geworden. Zumindest ab der zweiten Hälfte des Films, wenn Ehemann John alle Brücken seines bürgerlichen Daseins abbricht und, ohne seine Frau einweihen zu können und zu wollen, einen waghalsigen Plan zu deren Befreiung austüftelt. Da gewinnt 72 STUNDEN gehörig an Fahrt, bis hin zu einem an Rasanz sich hübsch kontinuierlich steigerndem Finale. Der Kniffe, Finten und Pointen gibt es da einige, auch wenn man die nicht allzu dogmatisch auf Logik abklopfen sollte.
Und auch der anfänglich etwas behäbige Russel Crowe taut dann auf, wenn er von John dem Ehemann zu John dem zu allem entschlossenen Mann der Tat wird. Ein Typus, der Crowe einfach liegt, und den Haggis zu inszenieren weiß, ohne in der Charakterisierung die Bodenhaftigkeit zu verlieren und in hohles Pathos zu gleiten. Da wächst einfach ein ganz normaler Mann notgedrungen über seine Grenzen hinaus. Motiviert durch die Liebe, gewappnet mit Intelligenz und Entschlossenheit. Mit dieser Kombination kann man auch mal das eigentlich Unmögliche riskieren.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.