Es gibt ja Leute, die haben zu allem was zu sagen und sehen sich immerzu bestätigt. Besonders knifflig wird es, wenn diese Leute sich auch noch zur Kunst berufen fühlen, was im digitalen Zeitalter bekanntlich ein leichtes ist. Ein solcher aufrechter Soldat für die gute Sache im Allgemeinen und die Filmkunst im Besonderen, und das alles ohne einen Schatten von Selbstzweifel, ist Gerhard Polts neue Filmfigur Hans A. Pospiech. In seiner Garage in Neufurth betreibt der eine Amateurfilmproduktionsfirma und leistet sich auch ohne Geld einen großen Internetauftritt, nach der Devise: „Ohne Film gäbe es die Realität gar nicht.“
So weit, so passend zum urbayrischen Kabarettisten Polt, der ja gerne den Rechthaber spielt, so auch schon in MAN SPRICHT DEUTSH. Vollblutlaie Pospiech jedenfalls bekommt durch Umstände, die zu kompliziert zu erklären und sowieso völlig an den Haaren herbeigezogen sind, neuen künstlerischen Auftrieb und will gleich mal „Hitler privat“ verfilmen. Weil ja noch niemand weiß, wie der Hitler wirklich so war. Adolf und Eva Kuchen essend beim Bäcker um die Ecke, darauf hat die Welt natürlich gerade noch gewartet.
Klar fallen ein paar Gags dabei ab. Aber leider wissen Polt und sein Regisseur Frederick Baker ebensowenig wie ihre Hauptfigur, worauf das Ganze hinausläuft. Klar ist auch, irgendetwas soll parodiert werden. Nur was? Der deutsche Größenwahn? Die digitale Amateurbewegung? Das Provinzlertum ganz generell? Brauchen wir mehr Hitlerparodien – oder werden gerade diese veräppelt? Auch zu seiner Figur findet Polt keine Haltung. Ist dieser unverbesserliche Eigenbrötler nun ein Vorbild oder eine Gefahr für die Menschheit? Wir wissen es nicht.
Hätte Polt doch ein paar andere Filme studiert, die ebenfalls von Hobbyfilmern handeln. Eine gute Schule wäre Michel Gondrys ABGEDREHT gewesen, in dem zwei chaotische, aber liebenswerte Typen eine Videothek (und eigentlich das VHS-Format) durch skurrile Nachdrehs von Filmklassikern retten wollen. Resultat: Ein bißchen Dramatik kann nicht schaden. Schlechte Schule wäre gewesen: KLAPPE COWBOY! Timo Jacobs als selbsterklärtes Regietalent Cowboy rennt durch Berlin, um ohne alles ein neues Standardwerk zu drehen. Resultat: So richtig dilettantisch und „independent“ ist leichter zu verzeihen. Aber echten Mut zum handfesten Trash hat Polt dann wiederum auch nicht. Ergebnis: die Mittelmäßigkeit ist irgendwie gut oder auch schlecht. Wie man’s dreht und wendet.
D/Österreich 2013, 98 min
FSK 6
Verleih: Majestic
Genre: Komödie
Darsteller: Gerhard Polt, Gisela Schneeberger, Maximilian Brückner
Regie: Frederick Baker
Kinostart: 06.02.14
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...