Originaltitel: A UNITED KINGDOM

GB/Tschechien 2016, 111 min
FSK 6
Verleih: Alamode

Genre: Liebe, Drama

Darsteller: Rosamunde Pike, David Oyelowo

Regie: Amma Asante

Kinostart: 30.03.17

Noch keine Bewertung

A United Kingdom

Mit Liebe geht alles

„Konventionell!“ Ganz ehrlich, manchmal ist das elitäre Genöle des besserwisserischen Feuilletons kaum zu ertragen. Ein alarmiges Gejammer, das immer dann angeschlagen wird, wenn ein Film eher klassisch erzählt und nicht durch gespreizte Salti auffällt. Dabei wird vergessen, daß konventionell nicht per se für antiquiert steht, manch’ Klassiker geriete retrospektiv unter Verstaubtheitsverdacht, wenn man sich an die Oberlehrer der Feuilletonisten hielte, man denke nur an JENSEITS VON AFRIKA, CASABLANCA oder TITANIC ...

A UNITED KINGDOM ist konventionell erzählt, gottlob! Die Geschichte um die Liebe zwischen Seretse, dem künftigen König von Botswana, und Ruth, einer Londoner Sekretärin, ist abenteuerlich genug, da bedarf es keiner artifiziellen Ausschmückungen, keines Brustgetrommels, was Film so alles kann. Ganz im Gegenteil: Amma Asantes Film gehört in seiner kopfschüttelnden Wucht zu den aufwühlendsten Liebes- und Politgeschichten, die das Kino überhaupt bereithält.

Seretse arbeitet nach dem Krieg als angehender Jurist in London, ein Brief des Onkels, der als Interim den Thron besetzt, fordert, daß es Zeit wird, in die Heimat zu kommen. Was Seretse auch tut, nur anders als von der Familie akzeptiert. Nicht nur sein Stamm ist empört, Seretse muß Repressalien der britischen Regierung ertragen. Der Grund ein ganz schlichter: Ruth. Über die Liebe zum Jazz haben sie sich kennengelernt, es gab charmante, da reichlich ungelenke Wiedersehensschwüre, erste Küsse, der große Knall. Seretse will sie als seine Frau in die Heimat nehmen, die Irritation allerorts darüber ist immens, denn Ruth ist weiß.

A UNITED KINGDOM erzählt von rassistischen Attacken auf Londons Straßen und davon, daß die Liebe zwischen Ruth und Seretse nur stärker wird, je aggressiver die Angriffe werden. Es sind bigotte Feindseligkeiten, denn das Protektorat durch England ist von Gier geprägt, man will das reiche Südafrika, das sich der Apartheid zuwendet, nicht brüskieren. Neben aller Leidenschaft des sich wehrenden, kämpferischen Paares wird auch von einer perfiden Zerrissenheit der Afrikaner erzählt, an der das britische Königshaus Schuld trägt: Seretses Onkel träumt von einem idealen Afrika, einem freien Afrika, und verweigert seinem eigenen Neffen freie Entscheidungen, seinem eigenen Stamm Unabhängigkeit. Recht wird mit Füßen getreten, aus Gier auf Bodenschätze, denn es gibt kein Gesetz, daß die Ehe zwischen Ruth und Seretse hätten verbieten können.

Das ist der Nährboden für ein leidenschaftliches Polit- und Familiendrama, eine Geschichte über Courage, denn gerade Ruth verlangt die Ehe einiges ab: Sie zieht in ein Land, in dem sie nie zuvor war, und sie bricht mit ihrem Vater. Asante bettet diesen spannenden Kampf um Gerechtigkeit in erlesene Bilder der Landschaft, und sie wirft kluge Fragen auf wie diese, wer denn hier der „Primitive“ ist, komprimiert Geschichtliches und lädt zum Nachdenken ein, da hier ja nur eine von unzähligen unrühmlichen „Großtaten“ der „Beschützer“ erzählt wird. Sie spielt selbstbewußt auf der Kinogefühlsklaviatur, wenn es um mitreißende Reden Seretses vor der Kotla geht, sie entlarvt mit Vehemenz die Peinlichkeit der Drohgebärden eines selbsternannten Weltreiches, das andere Länder ausbluten läßt, und ist damit irgendwie aktueller denn je.

Und warum bitte soll Asante verheimlichen, daß der Sternenhimmel über Botswana von derartiger Schönheit ist? Eben. Und die Feuilletonisten werden genau deshalb wieder strampeln und nölen: „Konventionell!“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.