• Meinungen

Adieu Chérie

Wenig ansteckendes Reisefieber

Alain und Diane haben 30 Ehejahre auf der Uhr, es kam längst zur Ausbildung einer zweisamen Insel inmitten des Alltagsmeers. Für ihn sicherer Heimathafen, er benötigt nix weiter, erst recht keine anderen Frauen, erotischen Abenteuer. Sie hingegen fühlt Stillstand, auch beruflich, findet die Harmonie eng, will statt nur ruhigen Gleichklangs ab und an Begehren, etwas Abwechslung. Eben manchmal einen Ausflug vom Eiland plus umso liebere Rückkehr zum Partnerfels in der Brandung. Vielleicht gab’s ja sogar was über sich selbst zu erfahren oder zeigt die Urlaubsbekanntschaft Integrationspotential.

Dies die hiesige, beileibe nicht rein komödiantische Prämisse, durch Mitwirkung des preisgekrönten Schriftstellerinnengeists von Co-Autorin Maria Pourchet in Drehbuchform gegossen, nachgewiesen fähigen Darstellern angetragen – und trotzdem ins Tal der kontinuierlich auflaufenden französischen Stangenware abgestürzt. Weil die anfängliche sympathische Lebensnähe plötzlich eher seltsam anmutende Aktionen braucht, um eine hastige Trennung zum Startschuß der „richtigen“ Handlung zu machen, deren Fortgang dann als hektische Nummernrevue erfolgt. Darin geeint (Sex-)Unfälle, eine distanzlose Freundin, Dianes Mutation zur MILF von laweder Lende untergraben, Schwangerschaft der lesbischen Tochter, Tinder-Schlappen. Akustische Beihilfe leisten neben dem Klimperklassiker „Clair de Lune“ egozentrisches Gejammer und kaum echte Kommunikation. Insofern doch wieder Realität.

Vermutlich ist es Pourchet zu verdanken, daß immerhin aus dem naheliegenden Ende unerwartetes, leicht bitteres Aroma strömt. Wie sich wohl ihr alleiniges Skript zum Thema gelesen hätte?

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...