Originaltitel: AFTER WE COLLIDED
USA 2020, 106 min
FSK 12
Verleih: Constantin
Genre: Drama, Liebe, Literaturverfilmung
Darsteller: Josephine Langford, Hero Fiennes Tiffin, Louise Lombard, Dylan Sprouse
Regie: Roger Kumble
Kinostart: 03.09.20
Letztes Jahr: Mehr als eine Million deutsche Zuschauerinnen hielten am Ende von AFTER PASSION den popcorngesüßten Atem an (die beiden mitgeschleiften Begleiter waren da längst entschlafen). Alles bloß gespielt, eine Farce, böse Lüge? Trotzdem höchstwahrscheinlich Versöhnung? Wer hätte das wohl je geahnt?! Tja, mutmaßlich die zwei erwähnten Männer, auch deswegen ihre Flucht in Morpheus’ Arme.
Jetzt geht’s nahtlos weiter, aus dem Off sondert Hardin Gesülz ab, vergleicht Tessas und seine Geschichte mit Brontë oder Austen, erliegt darin dem Irrglauben, „umwerfend gutaussehend" zu sein. Plötzlich ein Schock: Es gibt gar kein Wir! Nein, Tessa fängt mutterseelenallein bei einem Verlag an (zum langfristigen Arbeitsverhältnis einladende Begrüßung: „Uns sind die Praktikanten ausgegangen ...“), Hardin läßt sich den Kummer wegtätowieren. Sie bedient beim näheren Wahrnehmen des Bubibabyface-Kollegen Trevor ihr Beuteschema, er flieht amouröse Gefühle. Aber dann kommt Tessas vollberauschter Anruf, der Hardin übers derzeitige – sliplose! – Herumstreunen in einem Club informiert. Trevors folgenden Kommentar sollte man sich andächtig durchs Hirn glitschen lassen: „Ich bin betrunken, mir ist kotzübel, und ich bin auf’n Tampon getreten!“ Solches Verhalten kann Hardin selbstverständlich keinesfalls dulden, macht Besitzansprüche gegenüber „meiner Tessa“ geltend, die sogleich gefügig auf den Rücken fällt und fürderhin der Frage „Bin ich Dein Gott?“ von Anbetungswillen ergriffen „Ja!“ nachhaucht.
Was sehen wir sonst? Wahrhaft einiges, nur nix Vernünftiges, darunter geifernde Eifersuchtsattacken, ein furchtbar bratziges Kind, enorm wichtige Charakterbausteine wie den, daß Tessa Stalins Geburtstag teilt, von schlimmem Harndruck heimgesuchte oder gastauftrittsmäßig reingehievte Mütter, ein paar fast stumme Quoten-Schwarze, am Reißbrett konstruierte Emotionsschablonen, wiederholt unter gellendem Geschrei auf sich schließende Lifttüren zurasende Menschen, erneut öde Jungs statt Männer, ausgenommen Tessas zum sekundenkurzen Aufschrecken animierender Chef. Dazu die austauschbarsten, unbekanntesten Nicht-Hits der (vermutlich) 80er, 90er und von heute.
Warum alle Welt den hypersensiblen Hardin unablässig zum Bad Boy stilisiert, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Ebenso gelingt Regie und Buch ungeachtet kompletten Personalwechsels keine eigene Handschrift, wobei man fairerweise sagen muß: Es existiert weder entsprechendes Werkzeug noch Schreibfläche. Immerhin stieg die Altersfreigabe exorbitant: Wo den Vorgänger theoretisch schon Babies besuchen durften, gestattet die FSK nunmehr erst 12jährigen (Mädchen) den Zutritt. Was verbalen Hinweisen auf geleckte Muschis und gelutschte Schwänze geschuldet sein dürfte, denn auf visueller Ebene versackt die Chose in einer unverändert verklemmten Aneinanderreihung prüde bebilderter Matratzensportsessions. Zumindest blitzt mal Hardins nackter Hintern am Leinwandrand; schonende Vorbereitung darauf, daß aus Steigerungsgründen in der sicher kaum abzuwendenden Fortsetzung verschämt drauf rumgeklöppelt wird, so ein bißchen jedenfalls? Und apropos: Wie viele dieser schaurigen, doch erfolgreich zielgruppenaufmischenden und daher potentiell verfilmbaren Klopper hat Anna Todd eigentlich zusammenphantasiert?!
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...