Originaltitel: AGORA

USA/Spanien 2009, 126 min
FSK 12
Verleih: Tobis

Genre: Drama, Historie

Darsteller: Rachel Weisz, Max Minghella, Michael Lonsdale

Regie: Alejandro Amenábar

Kinostart: 11.03.10

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Agora

Philosophie, Sandalen und Fanatismus

Der spanische Regisseur Alejandro Amenábar hat es geschafft, christliche Organisationen in Spanien, Italien und Amerika gegen sich aufzubringen. Der Vorwurf lautet, sein in Alexandria im 4. Jahrhundert nach Christus angesiedeltes Drama um die Philosophin Hypatia würde Haß gegen das Christentum schüren und falsche Klischees über die Katholische Kirche verbreiten.

Nun ist es ja eigentlich ganz erfreulich, wenn ein Film für ein wenig Aufregung unter katholischen Gemütern sorgt. Doch ist diese nicht nachvollziehbar und stellt den christlichen Protestgängern eher ein Armutszeugnis aus. Wenn sie sich von so offensichtlich vorgetragener Fundamentalismuskritik derart aufscheuchen lassen, trauen sie ihren Mitgläubigen so gar kein Abstraktionsvermögen zu. Ein Blick in die Geschichtsbücher genügt, um nachzulesen, daß es während der Christianisierungsbewegung im römischen Alexandria zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Juden und Heiden kam. Daß man also in Zeiten, in denen der Fundamentalismus zunehmend mit dem Islam assoziiert wird, auch mal vorführen will, daß Fanatismus so alt ist, wie die Religionen selbst, ist so originell provokativ nun nicht.

Vor allem, wenn sie in der Person des Sklaven Davus seinen interpretatorischen Höhepunkt findet. Davus, der Sklave der Hypatia, ist nicht nur seiner Herrin verfallen, sondern auch klüger als alle ihre Schüler aus gutem Hause. Da er aber seine sexuellen Begehren niemals ausleben können wird, richtet er seine Energie gegen die Lehren seiner Angebeteten und zerstört gemeinsam mit den aufständischen, christlichen Horden die wissenschaftlichen Schriften in der Bibliothek. Dieser Eroberungsakt macht ihn dann zugleich zum Mann, und fortan läuft der sonst so sanfte Jüngling mürrisch dreinschauend mit seinen neuen schwarzgekleideten Freunden durch die Straßen und verbreitet Angst und Schrecken.

Ja, so einfach ist das leider in Amenábars auf großer Bühne vorgetragenem Schwert-und-Sandalen-Drama. Nicht so schwer, den Schluß zu ziehen, daß hier der Terrorismus im Allgemeinen und nicht im Speziellen kritisiert werden könnte. Und geradezu unverzeihlich, daß der Regisseur nicht ein wenig präziser und „vielstimmiger“ wurde und somit zu einer ernstzunehmenden Auseinandersetzung einlud. Aber wahrscheinlich hätten die katholischen Religionswächter dann nichts mitbekommen.

[ Susanne Schulz ]