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Ajami

Furioses Drama aus dem Schmelztiegel Jaffa

In Ajami, einem Stadtteil von Jaffa, halten der junge Moslem Omar und die Christin Hadir ihre Liebesbeziehung schon lange geheim. Als Oberhaupt seiner Familie – der Vater ist tot, der Großvater gelähmt – wird Omar unschuldig zur Zielscheibe in einer Stammesfehde, aber statt seiner töten die Gegner einen Jungen aus der Nachbarschaft, eine Verwechslung, von der auch die Mörder bald wissen. Auf Vermittlung von Hadirs einflußreichem Vater Abu Elias bestimmt ein islamisches Gericht die Höhe der Zahlung, mit der Omar sich und seine Familie freikaufen kann. Die Summe ist utopisch. Omar findet zwar eine Anstellung im Restaurant Abu Elias’, das nötige Geld aber wird er kaum erarbeiten können. Voller Hoffnung kommt eines Tages Malek, ein Junge aus den Palästinensergebieten, um in Jaffa zu arbeiten. Er muß seiner schwerkranken Mutter eine Operation bezahlen. Als der gemeinsame Freund Binji, verwickelt in Drogengeschäfte, stirbt, sehen Omar und Malek – wissend, wo der Stoff versteckt ist – ihre Chance gekommen.

Nichts ist, wie es scheint, aber es scheint ausweglos. In fünf Kapitel gliedert das arabisch-jüdische Regie-Duo Copti und Shani ein furioses Debüt, ein rasant erzähltes Drama, angesiedelt in einem Schmelztiegel der Kulturen und Religionen, in jenem Teil Jaffas, wo illegale Einwanderer wohnen, Muslime, Christen und Juden. Der Wechsel zwischen Zeitebenen und Perspektiven – einige der Ereignisse werden aus mehreren Blickwinkeln erzählt – erhöht Tempo und Spannung, viel wichtiger aber ist: Er spiegelt die immer wieder neu eingenommene Position der Regisseure (zugleich Drehbuch und Schnitt) selbst. Wer hier nach Identifikation sucht, findet sich – gleich den Figuren – im Wirrwarr von Gefühlen, verstrickt im dicht gewebten Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten wieder. Selbst der Off-Kommentar legt falsche Vermutungen nahe, und die Kamera, nicht selten fängt sie Gesichter in Großaufnahme ein, sucht immer wieder die Distanz, vermeidet jeden Ansatz des Melodramatischen.

Im Sinne der Authentizität haben die Regisseure alle Rollen mit Laien besetzt und ihnen überdies den Dialog nicht vorgegeben. Sie haben gut daran getan. In sieben Jahren ist ein Film entstanden, der hart ist und dabei klug erzählt – von der Tragik menschlicher Existenz und ein wenig auch vom Glück derjenigen, die einer solchen Spirale aus Schuld, Rache und Gewalt nicht ausgesetzt sind.

Originaltitel: AJAMI

Israel/D 2009, 120 min
FSK 16
Verleih: Neue Visionen

Genre: Drama, Krimi

Darsteller: Shahir Kabaha, Ibrahim Frege

Stab:
Regie: Scandar Copti, Yaron Shani
Drehbuch: Scandar Copti, Yaron Shani

Kinostart: 11.03.10

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.