Originaltitel: ALFIE
USA 2004, 105 min
Verleih: UIP
Genre: Komödie
Darsteller: Jude Law, Marisa Tomei, Omar Epps, Nia Long, Susan Sarandon, Sienna Miller
Regie: Charles Shyer
Kinostart: 10.03.05
Neuverfilmungen sind oft gute Seismographen für die Gegenwart. So zollt dieses Remake der britischen Don-Juanade DER VERFÜHRER LÄSST SCHÖN GRÜSSEN von 1965 mindestens einer neu erwachten Lust zur Selbstreflexion Tribut - heillos narzißtisch und zeitgemäß ironisch.
Alfie, den Jude Law in würdiger Nachfolge von Michael Caine zugleich blasiert, altklug und unschuldig spielt, kommentiert sich und sein Tun. Aus jeder erdenklichen Situation heraus, direkt in die Kamera, vielleicht auch, weil er sich in der Linse spiegelt. Entwaffnend das erste Geständnis, mit dem er seinen extravaganten Kleidungsstil (eine Mischung aus kalkulierter Nachlässigkeit und gottgegebenem Geschmack) "entschuldigt": "Ich bin ne kleine Modehure." Noch entwaffnender das nächste, in dem von der unwiderstehlichen Trias "GTA" (Gesicht, Titten, Arsch) die Rede ist.
Shyers episodische, manchmal allzu schwatzhafte Reise durch Alfies Welt, der schon wegen seines Jobs als Chauffeur im quirligen Manhattan immer ein Filou auf Durchreise bleibt, gerät zum Blättern in einer wechselnd aufregenden Schönheiten-Sammlung: die Ehefrau eines anderen auf dem Rücksitz, Essen- und Atemholen bei der alleinerziehenden Mutter Julie, die seelenverwandte Männerverbraucherin Liz, die ihn gegen einen noch jüngeren eintauscht, die durchgeknallte und bald unerträgliche Nikki. Irgendwo dazwischen ein Arztbesuch, der Alfies bestem Freund (unter der Gürtellinie) helfen soll, irgendwann auf dem Billardtisch Lonette, die Freundin des anderen besten Freundes Marlon. Er begleitet sie zur Abtreibung.
Die Selbstbespiegelung wird nicht tiefsinniger, aber ernster. Schlechtes Gewissen und Sehnsucht nach etwas Bleibendem - Shyers Neuauflage erweist sich als eine nachgerade altmodische, mild-komische Studie über Moral in Zeiten der Freizügigkeit. Nicht ganz falsch aber zu viel der Ehre sind Vergleiche mit Wildes Dorian Gray, der sich immerhin für die ewige Jugend und nicht an Dolce & Gabbana verkaufte. Ähnlich verhält es sich mit der Zuschreibung "philosphical womanizer" für einen, der seinen Fremdwortschatz aus Kalendersprüchen bezieht. Es ist jedoch ein brauchbarer Kommentar zu zirkulierenden Life-Style-Vokabeln wie Must, Dont oder Metrosexuell.
[ Sylvia Görke ]