Österreich/D 2022, 103 min
FSK 12
Verleih: Mizzi
Genre: Dokumentation, Biographie
Regie: Sabine Derflinger
Kinostart: 15.09.22
Legendär und doch schon fast vergessen: Alice Schwarzers gemeinsamer Fernsehauftritt mit Esther Vilar – wenn man so will, „Der kleine Unterschied“ vs. „Der dressierte Mann.“ Oder die von Schwarzer initiierte Ausstrahlung einer Abtreibung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Den meisten noch präsent wird die „Stern“-Kampagne von 1971 sein: „Wir haben abgetrieben.“
Schwarzer war immer schon für einen kalkulierten Skandal gut. Und sie hat damit viel bewegt. Heute steht sie vonseiten der Vertreter des intersektionalen Feminismus im Kreuzfeuer der Kritik, ihr wird ein weißer Feminismus vorgeworfen, der Trans-Menschen ausschließt.
Sabine Derflinger hat auch deshalb ein Porträt über die Ikone der 2. Deutschen Frauenbewegung gedreht. Man spürt an der Montage, wie die Filmemacherin darum ringt, dem komplexen Wirken Schwarzers als Frauenrechtlerin, Autorin und Journalistin gerecht zu werden. Sie will zeigen, wie diese Frau ihre Thesen intellektuell herleitet, wer ihre Mitstreiter sind und waren. Auch ihre menschliche Seite soll sichtbar werden: eine Schwarzer, die unbefangen auf Menschen zugeht. Unmöglich, dabei alle Themenfelder, die Deutschlands umstrittenste Feministin bespielte, umfassend abzubilden. Den dramaturgischen Rahmen bilden Einblicke in die Arbeit an der „Emma“, das Magazin ist das Herzstück von Schwarzers Wirken, das sie seit 1977 gegen alle Widerstände immer publiziert hat.
Derflingers Porträt ist vor allem deshalb sehenswert, weil es ein Gesprächsangebot macht, einlädt, jenseits von aufwogenden Shitstorms Positionen abzugleichen, um die Sache zu streiten. Denn im Gespräch zu bleiben ist eine Prämisse, die Schwarzer ihr Leben lang vertreten hat.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...