D 2019, 116 min
FSK 12
Verleih: Port au Prince
Genre: Drama
Darsteller: Lars Eidinger, Nele Mueller-Stöfen, Hans Löw
Regie: Edward Berger
Kinostart: 23.05.19
Man darf sich schon fragen, warum ausgerechnet das Klischee eines Piloten in der Verkörperung von Lars Eidinger, der ja immer wieder gerne mal als asozialer Bindungsproblematiker besetzt wird, der feuchte Traum vieler Frauen sein soll. Zumindest scheint er aber mit seiner schnieken Uniform, Drink in der Hand, zu Hause in jeder Bar dieser Welt, die Figur zu sein, auf die Regisseur Edward Berger setzt, um von Nicht-erwachsen-werden-wollen und snobistischem Arschlochverhalten zu erzählen. Ein dysfunktionales Auslaufmodell?
So sitzt Stefan, der Pilot, zunächst der hochgradig fahrigen Julia und dem Langzeitstudenten Tobias gegenüber. Man erfährt: Sie sind Geschwister, und bei ihren Eltern stimmt irgendwas nicht. In drei Kapiteln steigt Berger dann tiefer in die jeweiligen Lebensentwürfe ein und versucht dabei, auch das typische „Deutsch-Problematische“ zu parodieren. Stefan spielt wie ein Besessener Tennis, und man erkennt, daß der weiße Sport Leere kompensieren soll, aber auch zur Ablenkung taugt. Denn Stefan hat eine Sehstörung diagnostiziert bekommen, darf also nicht mehr fliegen.
Dann der deutsche Hundewahn, dem Julia verfallen ist. Der Hund als Ersatzkind – in Julias Fall beginnt das im Laufe der Handlung irgendwann Sinn zu haben. Dazu natürlich das Optimier- und Renovierungsbedürfnis, manifestiert in der Mutter, die mit der Hilfe von Schwarzarbeitern das Eigenheim pimpt. Das Essen kommt täglich vom „Asiaten“, der namenlos bleibt, weil: Kennt man einen, kennt man alle. Ach, und wenn man ein Zimmer mit Doppelbett bestellt, dann gehen auf keinen Fall zwei Einzelbetten. Da ist der Deutsche pingelig.
Berger kreist dabei um die modernen Themen des Stillstandes und der fehlenden Kommunikation. Also um die gesamte bürgerliche Sorgenlage, die durch Blutsverwandtschaft eher verstärkt als abgemildert wird. Die menschlichen Abgründe wirken dabei recht ausgetreten. Und es wird ganz „deutsch“ auch gerne vielsagend unzufrieden geschwiegen.
Freilich muß am Ende Tobias, der ewig Sorgende, herausfinden, was los ist mit dem Vater und seinem Bein. Das Ende nimmt seinen Lauf. All das wird ganz lakonisch vorgetragen, keine großen Schnörkel, nur hier und da eine sehr kleine Geste der Annäherung. Wenig Loving, aber viel Longing – ganz der Zeitgeist eben.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...