D 2014, 120 min
FSK 0
Verleih: Universal

Genre: Komödie

Darsteller: Heike Makatsch, Nora Tschirner, Wotan Wilke Möhring, Christian Ulmen, Friedrich Mücke, Tom Beck, Fritz Wepper, Katharina Schüttler, Fahri Yardim

Regie: Markus Goller

Kinostart: 04.12.14

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Alles ist Liebe

... und Weihnachten ein Wahnsinn

Klar, das ist einer der Filme, die Immerernste mit Schwung in der Luft zerreißen könnten, weil er mit Klischees jongliert, weil er schamlos die Herzen wärmen möchte, eigentlich auch, weil er so geradeaus ist. Einer der Filme also, für die Kollegen, die zum Lachen in den Keller gehen, gern den berühmten Pieks ins Soufflé zitieren. Man kann sich aber auch locker machen und auf eine Geschichte einlassen, die nicht mehr sein will als gute Unterhaltung, was bestens funktioniert, was durchaus gut tut, gerade wenn zum Jahresschluß die Batterien ein wenig runter sind.

Eigentlich geht es mit einem Schmunzler schon los. Vorweihnachtszeit in Deutschland, und wie das in unseren Gefilden oft so ist: Im Sommer schüttet es immer dann, wenn man im Freien feiern will, im Winter sieht der Himmel wie hier über Frankfurt so aus, als müsse man sich die Badehose schnappen. Kein Schnee nirgends. Aufgeregt sind dennoch alle, und alle sind hier wirklich viele, weil Markus Goller nicht weniger als fünf Paareskonstellationen in den Ring läßt, die mit sich und dem Fest der Liebe ziemlich hadern.

Wir lernen Kiki kennen, die in einem pinkfarbenen Weihnachtspaket für feierliche Vorfreude sorgen soll, die sich versteckt, wenn ihr Ex immer dort auftaucht, wo sie gerade fröhlich hüpfen soll. Wir tauchen ein in verkrachte Ehen, weil Hannes mit der Lehrerin vom Sohnemann vögelte, wir klettern auf wacklige Lügengerüste, weil es für Kerem schwer ist, die Hosen herunterzulassen, er hat bei ohnehin knapper Kasse kurz vor dem von den Kleinen erwarteten Geschenksegen auch noch die Arbeit verloren, wir fiebern mit Klaus und Viktor, ob vor dem Traualtar zwischen den Männern das Ja tatsächlich kommt, und wir erleben verkorkste Vater-Kind-Beziehungen, wobei eine echt nicht mehr zu retten ist. Claras letzter Satz am Telefon zu ihrem Vater: „Du bist ein Arschloch.“ Der alte Herr stirbt kurz vor dem Einsatz als Weihnachtsmann auf einem Mainkahn.

Die Kurzformel, welche die Lebenssituation aller Beteiligten vor Heiligabend skizziert, heißt Wahnsinn. Und wenn dann Liebesnöte, Geldsorgen, Depressionen, Trauer oder auch die dringende Notdurft von Kiki, eingeschlossen im Glanzpaket, übernehmen, dann weiß man letztlich, daß es wirklich schönere Feste als Weihnachten geben kann. Es sei denn, man entzieht sich dem Diktat des Handels und den Erwartungen anderer.

Ja, Markus Goller gelingt es durchaus, auch Konsumkritik einzuflechten, er appelliert an den Schattensprung, sonst wird das Fest der Liebe wie hier erst einmal zur Streßparade. Da aber eben jene Kiki weiß, daß Weihnachten Hochsaison für Vergebungen ist, darf man sich wieder aus der Problemschockstarre befreien und auf ein wenig Süßlichkeit einlassen. Im Kern ist Gollers von wunderbaren Schauspielern getragenes Werk ein melancholischer Film: Kinderaugen können nämlich sehr groß sein, traurige noch größer, der Zuschauer versteht daher den unbedingten Willen zur Harmonie. Da Goller aber eben auch ein Komödienspezialist ist, reißt er oft genug den Karren in die Gegenrichtung, und brüllkomisch ist es zum Beispiel, wenn Kiki mit Flyern in der Hand die Passanten auf der Straße anschreit: „Weihnachten!“

Und wenn einem selbst die Christbaumglocke mal wieder zu heftig bimmelt, dann hält der Film wunderbare Rezepte parat: Tanzen, Wodka saufen, beim Abschleppdienst einbrechen oder eben auch mal, so ganz aus Liebe, den Strickpullover mit Pinguinmotiv anziehen. Frohes Fest!

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.